Zurückstellung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb zweier Windenergieanlagen wegen Gefährdung gemeindlicher Konzentrationsflächenplanung

Mit Beschluss vom 18.12.2014 hat das OVG Nordrhein-Westfalen über eine Zurückstellung entschieden und dabei einige Leitlinien bestätigt bzw. vorgegeben.

Bestätigt wird sodann die von der Mehrheit der mit dieser Frage befassten Verwaltungsgerichte getragenen Auffassung, dass die Regelung des § 15 Abs. 3 BauGB entsprechend anwendbar ist, wenn es nicht um eine baurechtliche Genehmigung, sondern die immissionsschutzrechtliche Genehmigung eines Vorhabens geht. Denn es sei, so der Senat, nicht zu erkennen, dass dem Gesetzgeber anlässlich der Ergänzung des § 15 Abs. 3 BauGB um den Satz 4 das Erfordernis bewusst geworden ist, den Anwendungsbereich der Vorschrift ausdrücklich auf immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren zu erweitern. Das Gesetzgebungsverfahren spreche im Gegenteil für die Annahme, dass diese Änderung (weiterhin) versehentlich unterblieben sei.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 S. 1 BauGB, so der Senat weiter, lägen im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Zurückstellungsbescheides vor. Die Konzentrationsflächenplanung werde im maßgeblichen Zeitpunkt durch das Vorhaben gefährdet. Etwas anderes gelte nicht deshalb, weil das Vorhaben auf einem Grundstück verwirklicht werden soll, das nach dem Planungsstand in diesem Zeitpunkt innerhalb einer ins Auge gefassten Windkraftpotenzialflächen liegt. Denn erforderlich seien objektive Anhaltspunkte dafür, dass das zur Genehmigung gestellte Vorhaben der gemeindlichen Planung – nach dem jeweiligen Stand des Planungsverfahrens und gemessen an der Planungskonzeption und den Planzielen – widerspreche und dass ein solcher Widerspruch zumindest möglich sei. Dies, so der Senat weiter, sei grundsätzlich dann der Fall, wenn die künftige Nutzung des Grundstücks, auf dem das Vorhaben durchgeführt werden soll, noch nicht geklärt sei. Um eine Sicherung schon in einem möglichst frühen Planungsstadium zu ermöglichen, sei an den Nachweis des Sicherungserfordernisses keine besonders hohen Anforderungen zu stellen. Bloße Vermutungen sollen allerdings nicht ausreichen.

Zu berücksichtigen seien dabei die Besonderheiten, die Windkraftkonzentrationsflächenplanungen in der Regel gegenüber Bebauungsplänen aufweisen. Konzentrationszonenplanungen zielen konzeptionell neben der positiven Vorrangwirkung der Darstellung insbesondere auf die den übrigen Außenbereich betreffende negative Ausschlusswirkung. Die planerische Entscheidung setze die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts voraus, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt. Dabei vollziehe sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts abschnittsweise. Dieser Abwägungsprozess sei durch eine Offenheit gekennzeichnet, die im Verlauf der Planung häufig zu einer Veränderung der Konzentrationsflächen führe, sei es, dass die Flächen verkleinert oder vergrößert werden, sei es, dass die Flächen verschoben oder geteilt werden, sei es, dass Flächen ganz aufgegeben oder neu gebildet werden. Ein Vorhaben gefährde das negative Planungsziel erst dann nicht (mehr), wenn es hinreichend verlässlich innerhalb einer Konzentrationsfläche liegen werde.

Zwar sei die künftige Nutzung des Vorhabengrundstücks nach dem Planungsstand im maßgeblichen Zeitpunkt zwar nicht mehr völlig offen. Es habe jedoch auch nicht mit hinreichender Verlässlichkeit prognostiziert werden können, dass es nach Abwägung sämtlicher öffentlicher und privater Belange (immer noch) innerhalb einer Windkraftkonzentrationsfläche liegen würde. Vielmehr habe die Möglichkeit bestanden, dass der Vorhabenstandort infolge von Veränderungen der konkreten Lage und der konkreten Ausdehnung der ins Auge gefassten Potenzialflächen letztlich außerhalb einer Konzentrationsfläche liegen würde. Insbesondere habe eine abwägende und wertende Einbeziehung der Einwendungen aus der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB und der frühzeitigen Beteiligung der Behörden sowie der sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 1 BauGB noch ausgestanden.

Es bleibt festzuhalten, dass sich der Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen in mehrere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen zur Frage der Zurückstellung einreiht. Mit dieser Entscheidung werden die Voraussetzungen einer Zurückstellung nach § 15 Abs. 3 BauGB für eine Konstellation, die in nicht wenigen Gemeinden auftreten dürfte, näher umschrieben. Ob sich etwa der VGH Baden-Württemberg dieser Auffassung anschließt, bleibt abzuwarten.

 

Dr. Rico Faller

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

 

Karlsruhe

 

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