Zulässigkeit von Direktzahlungen des Auftraggebers an Lieferanten oder Subunternehmer in der Krise des Auftragnehmers

Im einem aktuellen Urteil vom 17.07.2014 (IX ZR 240/13) hat der Bundesgerichtshof eine recht häufig auftretende Konstellation entschieden. Kann der Generalunternehmer, Auftraggeber oder Bauträger seine eigenen Lieferanten oder Subunternehmer nicht mehr bezahlen, so können die Beteiligten auf die Idee kommen, dass der Bauherr oder Auftraggeber den Lieferanten oder Subunternehmer direkt bezahlt und damit sowohl die Werklohnforderung als auch die Forderung des Lieferanten/Subunternehmers gegenüber dem Auftragnehmer erfüllt werden.

Im Falle einer späteren Insolvenz waren diese Zahlungen in der Vergangenheit aber regelmäßig vom Insolvenzverwalter angefochten worden.

Der Bundesgerichtshof stellt zwar klar, dass bei Direktzahlungen grundsätzlich eine Gläubigerbenachteiligung gegeben ist, wodurch für Insolvenzanfechtungsansprüche grundsätzlich möglich sind. Auch ist eine Direktzahlung durch den Auftraggeber an den Subunternehmer oder Lieferanten seines Auftragnehmers eigentlich immer eine inkongruente Leistung im Sinne des § 131 InsO, weil zunächst kein Anspruch auf die Direktzahlungen in einem der Auftragsverhältnisse besteht.

Der BGH weist dann aber darauf hin, dass ein Abänderungsvertrag eine kongruente Deckung herbeigeführt haben kann, und er zeigt auf, wie eine solche dreiseitige Abänderungsvereinbarung wirksam und anfechtungsfrei geschlossen werden kann.

Wenn die Abänderungsvereinbarung geschlossen wird, bevor die erste (Teil-)Leistung eines Vertragsteils erbracht wird und bevor die Fälligkeit der entsprechenden Werklohnforderung (Werklohnrate) eingetreten ist, so ein anfechtungsfreies Bargeschäft ermöglich sein. Es ist also darauf zu achten, dass durch die Direktzahlung des Auftraggebers Leistungen der Lieferanten/Subunternehmer bewirkt werden, die im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Zahlung stehen und durch die eine der Zahlung gleichwertige Gegenleistung erbracht wird.

Die Werklohnforderungen, die der Auftragnehmer durch die Direktzahlung des Auftraggebers verliert, sind zu diesem Zeitpunkt der Änderungsvereinbarung wirtschaftlich wertlos, weil sie nicht durchsetzbar waren. Dies war im entschiedenen Fall gegeben, weil der Anspruch auf Zahlung der Rate erst nach Einbau der entsprechenden Leistung (hier der Fenster) fällig wurde. Erst die Vertragsänderung macht die Werkteillohnforderungen werthaltig und benachteiligt deswegen die Gläubiger nicht unmittelbar.

Ist also der Auftragnehmer ohne die Leistung des Lieferanten/Subunternehmers nicht in der Lage, eine Fälligkeit seiner Forderung herzustellen, so führt dies nicht zu einer unmittelbaren Benachteiligung, da erst durch eine dreiseitige Vereinbarung die Beteiligten diese Blockade aufgelöst werden kann.

Solche Direktzahlungen des Auftragsgebers sollen dann nicht nach § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder § 132 InsO anfechtbar sein. Denn sie stellen ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO über gleichwertige Leistungen dar.

Aus dem gleichen Grund ist auch eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO nicht möglich. Der BGH führt dazu aus, dass der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, der sonst recht schnell angenommen wird, dann fehlt, wenn im engen zeitlichen Zusammenhang eine kongruente Gegenleistung erbracht wird, die gleichwertig ist und die Leistung den Gläubigern im Allgemeinen nützt.

Die Parteien handelten dann nicht mit dem erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, denn nach Einschätzung des BGH wollte der Auftragnehmer und spätere Schuldner durch die dreiseitige Vereinbarung und die danach unmittelbar nach den Zahlungen zu erfolgenden Auslieferungen der Baustoffe/Erbringung der Subunternehmerleistungen erreichen, dass das Bauvorhaben fortgesetzt wird und damit zum Wohle aller Gläubiger noch ausstehender Werklohn erlöst werden kann.

Das Urteil ist sehr interessant, weil es nun erstmalig einen höchstrichterlich entschiedenen Fall gibt, in dem die in letzter Zeit gerade über § 133 InsO extrem ausgedehnte Anfechtung nicht zugelassen, sondern in dem die Anfechtung zurückgewiesen wird und ein Weg aufgezeigt wird, wie man diese dreiseitigen Vereinbarungen wirksam anfechtungsfrei schließen kann.

 

Christian Schlemmer

Fachanwalt für Insolvenzrecht

Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

Karlsruhe

 

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