Der Bundesgerichtshof hat mit zwei Entscheidungen vom 03.04.2014 IX ZB/93/13 und IX ZB/83/13 festgehalten, dass dem Gläubiger auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung aus der Eintragung der Forderung in die Insolvenztabelle eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen ist, wenn der Schuldner lediglich dem Rechtsgrund der Forderung als vorsätzlich unerlaubte Handlung widersprochen hat.
Im Falle eines Insolvenzverfahrens des Schuldners sind die Forderungen zur Feststellung zur Tabelle anzumelden. Wiederspricht niemand oder wird ein erhobener Widerspruch beseitigt, so wird die Forderung gemäß § 178 Abs. 1 InsO zur Insolvenztabelle festgestellt. Diese Eintragung gilt gemäß § 178 Abs. 3 InsO als ein rechtkräftiges Urteil.
Meldet nun ein Gläubiger die Forderung unter dem Rechtsgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung an, so nimmt diese gemäß § 302 InsO nicht an der Rechtsschuldbefreiung teil, es kann auch nach dem Insolvenzverfahren noch vollstreckt werden.
Der Schuldner kann gegen eine solche Anmeldung insgesamt oder im Interesse der Restschuldbefreiung nur gegen den behaupteten Rechtsgrund des Vorsatzdelikts vorgehen (Vgl. BGH WM/2009, 313; WM/2011, 271). In diesen Fällen wird die angemeldete Forderung als solche vom Schuldner oft nicht bestritten werden können, Widerspruch wird er nur gegen deren Einordnung als aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung herrührenden Forderung leisten wollen. In diesem Fall muss er nicht gegen die gesamte Forderung vorgehen (BGH WM/2013, 2077; WM/2007,659).
Wenn sich der Widerspruch dann nicht gegen die Forderung als solche, sondern nur gegen den Rechtsgrund der unerlaubten Handlung richtet, ist dem Insolvenzverwalter und damit dem Gläubiger gemäß § 201 Abs. 2 Satz 1 InsO dennoch eine vollstreckbare Ausfertigung aus der Insolvenztabelle zu erteilen.
Bisher hatte der BGH angenommen, dass der Gläubiger in diesem Fall gemäß § 184 InsO Klage auf Feststellung der Forderung gegen den Schuldner erheben muss. Ein Widerspruch hindere die Vollstreckung aus einer Tabellenforderung, solange er nicht durch einen entsprechendes Feststellungsurteil beseitigt ist (BGH WM 2003,2342). Hierzu stellt der BGH nun fest, dass der Widerspruch nur dann der Vollstreckung entgegensteht, wenn er gegen die angemeldete Forderung als solche gerichtet ist. Wendet sich der Schuldner hingegen nur gegen den Rechtsgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, so ist der Gläubiger gleichwohl berechtigt, die Vollstreckung gegen den Schuldner zu betreiben.
Beschränkt nämlich der Schuldner seinen Widerspruch nur auf den Rechtsgrund der Forderung, so ist sie gemäß § 201 Abs. 2 Satz 1 InsO als tituliert zu behandeln. Dann stellt sich die Situation wertungsmäßig nicht anders dar, als wenn der Gläubiger bereits einen Titel gegen den Schuldner erwirbt und nur noch die Frage nach dem Rechtsgrund der Klärung bedarf. Es wäre dann kein Grund ersichtlich, dem Gläubiger eine Klage zum Erwerb des Titels aufzubürden, wenn der Schuldner die Forderung als solche schon gar nicht in Frage stellt. Da im laufenden Insolvenzverfahren überhaupt nicht klar ist, ob die Restschuldbefreiung überhaupt erteilt wird, ist die Frage der Errichtung eines Titels unabhängig von der Erteilung der Restschuldbefreiung zu betrachten. Wenn der Gläubiger seine Forderung nicht unter dem Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen Handlung angemeldet hat und dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt wurde, wäre die Forderung nämlich nur eine sogenannte unvollkommene Verbindlichkeit, die zwar noch erfüllbar, aber nicht erzwingbar ist.
Der Gläubiger kann also aus einer solchen Anmeldung mit dem Verweis aus den Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung die Vollstreckung betreiben. Dem Schuldner steht hier nur das Recht zu, eine Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO anzustrengen. Im Rahmen dieser Klage ist dann festzustellen, ob die Forderung tatsächlich auf dem vom Gläubiger angemeldeten Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen des Rechtsgrunds trägt dann der Gläubiger.
Für den Gläubiger kann sich aus dieser Rechtsprechung also durchaus die Möglichkeit ergeben, hier auch nach Ende des Insolvenzverfahrens weiteren Druck auf den Schuldner auszuüben. Auch wenn den Gläubiger die Darlegens- und Beweislast trifft, so muss der Schuldner jedoch erst einmal die Mittel und auch die Energie haben, eine entsprechende Vollstreckungsgegenklage tatsächlich zu führen, was in vielen Fällen vielleicht nicht der Fall sein wird.
Sollte also Anlass dafür bestehen, von einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Schuldners ausgehen zu können, so ist hier auf jeden Fall notwendig, die Anmeldung auch auf diesem Grund zu erstrecken.
Christian Schlemmer
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Karlsruhe