Versuch der Insolvenzanfechtung von Lohnzahlungen nicht erfolgreich

Das Bundesarbeitsgericht hat mit einem Urteil vom 29.01.2014 (6 AZR 345/12) erfreulicherweise den Bemühungen der Insolvenzverwalter um weitere Massemehrung durch Anfechtung von Lohnzahlungen gegenüber von Arbeitnehmern engere Grenzen gesetzt.

Im entschiedenen Fall war es so, dass die später insolvente Gesellschaft regelmäßig bis zum Antrag auf Insolvenzeröffnung die Gehälter gezahlt hatte. Auch der alleinigen Buchhalterin wurden die Gehälter gezahlt. Damit sind reguläre Lohnzahlungen in aller Regel, da sie zeitnah zur Arbeitsleistung erfolgen, sogenannte Bargeschäfte im Sinne des § 142 InsO, da sie eine unmittelbare und gleichwertige Gegenleistung zur erbrachten Arbeitsleistung darstellen. Solche Bargeschäfte sind dann nur beschränkt anfechtbar.

Ein möglicher Weg bleibt allerdings die Anfechtung gemäß § 133 InsO, die im Wege der sogenannten Vorsatzanfechtung sogar zehn Jahre zurückreichen kann.

Hierfür ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt hat und der Arbeitnehmer Kenntnis davon hat.

Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist diese Anfechtungsmöglichkeit nach § 133 InsO sehr weit ausgedehnt worden, da an einer Vielzahl von Fällen Beweiserleichterungen gelten und insbesondere Indizien ausreichen können, um Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz abzuleiten. Ein Indiz von besonderer Bedeutung ist die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers oder von etwa schleppenden oder verspäteten Gehaltszahlungen der vorhergehenden Monate. Bei besonderer herausgehobener Stellung des Arbeitnehmers, die Kenntnisse von der Liquiditätssituation des Unternehmens vermuten lässt, wie hier der Buchhalterin, wird die Lage für die Arbeitnehmer in der Krise durch diese Situation durchaus prekär, da sie damit rechnen müssen, eventuell gezahlte Löhne später zurückzahlen zu müssen. Insbesondere greift dann auch das Insolvenzgeld nicht ein, da dieses ja nur für drei Monate gezahlt wird und sich der Anfechtungszeitraum je nach Eintritt der Krise viel länger erstrecken kann.

Das Bundearbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 29.01.2014 glücklicherweise diese Anfechtungsmöglichkeit eingeschränkt. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung seien nicht stets schon dann zu bejahen, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig war und der Arbeitnehmer dies wusste. Vielmehr muss auch dieses Indiz einzelfallbezogen auf seine Beweiskraft hin überprüft werden. Erfolgt die Entgeltzahlung im Wege des Bargeschäfts könne sich auch bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Wille des Arbeitgebers darauf beschränken, eine gleichwertige Gegenleistung für die zur Fortführung des Unternehmens notwendige Arbeitsleistung zu erbringen, ohne dass ihm damit eine Gläubigerbenachteiligung bewusst wird und diese Ausgangspunkt der Anfechtung sein kann.

Die Entscheidung ist sehr zu begrüßen, da hierdurch Arbeitnehmer auch in Positionen mit besonderer Kenntnis von der Liquiditätssituation krisengeschütteter Unternehmern weiterhin Sicherheit haben, dass einmal regulär gezahlte Löhne auch bei ihnen verbleiben.

Ein weiterer Punkt dieses Falls, nämlich, ob die Anfechtung auch nur insoweit greift, wie das Existenzminimum des Arbeitnehmers betroffen ist, oder ob hier auch die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitsentgelt Anwendung finden, blieb unentschieden.

 

Christian Schlemmer

Fachanwalt für Insolvenzrecht

Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

Karlsruhe

 

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