Stärkung des Versicherungsschutzes in der Warenkreditversicherung

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 22.01.2014 IV ZR 343/12 festgelegt, dass eine Klausel in einer Warenkreditversicherung unwirksam ist, die bestimmt, dass nach Beendigung des - einen bestimmten Kunden betreffend – Versicherungsschutzes sämtliche beim Versicherungsnehmer eingehenden Zahlungen dieses Kunden in Ansehung des Versicherungsverhältnisses auf die jeweils älteste offene Forderung des Versicherungsnehmers gegenüber Kunden anzurechnen sind.

Der Auseinandersetzung lag die Klage eines Versicherungsnehmers gegenüber einer Versicherung zugrunde, mit der dieser Zahlung von der Versicherung verlangt hatte. Nachdem die Versicherung wegen Liquiditätsschwierigkeiten eines Kunden keine weiteren Versicherungsleistungen anbieten wollte, hatte das versicherte Unternehmen weitere Lieferungen gegenüber dem betroffenen Kunden nur noch gegen Vorauskasse oder Barzahlung vorgenommen. Die Versicherung wollte dann die auf diese weiteren Lieferungen erfolgten Zahlungen mit den alten rückständigen Forderungen verrechnen.

Der BGH hat festgehalten, dass die Anrechnungsklausel des § 5 Nr. 2.1 a VB einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. BGB nicht standhält, denn die Klausel benachteiligt den Versicherungsnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil der Versicherer mit ihr durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich die eigenen Interessen auf Kosten des Versicherungsnehmers durchzusetzen versucht.

Zwar sei das Interesse des Versicherers anzuerkennen, den versicherten Schaden nach Möglichkeit zu begrenzen und zu verhindern, dass der Versicherungsnehmer den eingetretenen Forderungsausfall der Höhe nach aufrecht erhält und verbleibende finanzielle Mittel stattdessen anderweitig einsetzt. Allerdings überschreite eine solche Klausel diese Interessen, wenn die Klausel insbesondere keine Rücksicht darauf nimmt, dass der wegen des Wegfalls des Versicherungsschutzes geänderte Zahlungslauf und die neuen Zahlungsbedingungen nach Beendigung des Versicherungsschutzes noch der Versicherung zugute kommen können. Sonst hätte dies wirtschaftlich zur Folge, dass der Versicherungsnehmer mittels auf eigenes Risiko neu erbrachter Leistung seinen Versicherungsschutz schrittweise selbst abbaut und damit die Leistungspflicht der Versicherung ausräumt.

Dem Vermögen des krisenbehafteten Kunden werden bei solchen Bargeschäften keine Werte zu Lasten des Versicherers entzogen, da die Zahlung des Kunden eine gleichwertige Leistung für die Lieferungen des Versicherungsnehmers darstellen. Der Versicherungsnehmer hätte nur die Möglichkeit, die Geschäftsbeziehung zu den betroffenen Kunden komplett einzustellen und müsste damit auf mögliche Gewinne aus künftigen Geschäften verzichten. Damit wirkt die Entscheidung des Versicherers auf eine Zeit ein, zu der der Versicherte keinen Versicherungsschutz mehr hat.

Die geregelte Verrechnung entspricht auch nicht einer Pflicht zur Schadensminderung. Vermuteten kollusiven Absprachen zwischen den Versicherungsnehmern und den Kunden könne auch auf anderer Weise, etwa wegen eines Verstoßes gegen § 82 Abs. 1 VVG, entgegengetreten werden. Eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel kam ebenfalls nicht in Betracht.

 

Christian Schlemmer

Fachanwalt für Insolvenzrecht

Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

Karlsruhe

 

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