Schutz vor dem Erbschleicher

Der Erbschleicher ist ein häufiges Problem im familiären Umfeld und war in diesem Jahr auch Thema des „Deutschen Erbrechtstages“ in Berlin, der Fachtagung für im Erbrecht tätige Rechtsanwälte.

Wir kennen die Erbschleicherei aus der Literatur, etwa in Thomas Manns Buddenbrooks aus der Bildenden Kunst: Das Bild „Die Erbschleicher“ von Gisbert Flüggen wurde 1938 aus dem Kunstmuseum Hannover entwendet. Die Erbschleicherei war auch schon Thema bei Sandra Maischberger im Jahre 2013. Eine Betroffene berichtete, wie die Erbschaft plötzlich weg war und nach dem Tod der Erblasserin eine Schwester das Konto der Mutter leer geräumt hatte.

Das Muster ist immer vergleichbar. Eine betroffene Person wird von ihrem Umfeld und ihrer Verwandtschaft isoliert, die Verwandtschaft wird in ein schlechtes Licht gerügt, zwischen Täter und Opfer entsteht ein starkes Abhängigkeitsverhältnis bis schließlich der Erblasser aus Dankbarkeit den Nachlass lebzeitig oder testamentarisch dem Täter zuwendet. Dabei ist der Begriff „Täter“ möglicherweise unzutreffend; die Erbschleicherei ist kein Straftatbestand und nur selten anfechtbar. Meyers Lexikon beschreibt den Erbschleicher als jemanden, der auf unmoralische Weise Einfluss auf einen vermutlichen Erblasser nimmt.

Die erbrechtlichen Rahmendaten begünstigen zunehmend einen unmoralischen Einfluss auf den Erblasser. Die Bevölkerung wird älter, Demenzerkrankungen nehmen zu. Nach einer Prognose des statistischen Bundesamtes wird die Pflegequote sich von 10% in der Altersgruppe der über 75-jährigen auf knapp 60% bei den über 90-jährigen erhöhen. Wie oft führt die Suche nach einer Pflegerin zu einer Heirat im späten Alter?

Wie kann sich der Erblasser bei Zeiten schützen?

Die Verfügungsfreiheit unter Lebenden ist durch das Gesetz hervorragend geschützt. Sie gehört zur Eigentumsgarantie des Grundgesetzes.

Denkbare Absicherungen sind zivilrechtliche Verfügungsunterlassungsverpflichtungen gegenüber einem künftigen Erben, kombiniert mit einem bedingten Übereignungsanspruch, welcher durch Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch gesichert wird.

Der künftige Erblasser kann sich durch Erbvertrag selbst binden. Denkbar sind wechselbezügliche Verfügungen in einem Ehegattentestament. Diese haben die Konsequenz, dass später errichtete letztwillige Verfügungen nach § 2289 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam sind.

Nahe Verwandte können einen Erblasser zu Lebzeiten vor Erbschleichern schützen durch Anordnung einer Betreuung. Die Bestellung eines Betreuers setzt dabei voraus, dass der Betroffene auf Grund physischer oder psychischer Erkrankungen nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen – § 1896 Abs. 1 S. 1 BGB. Ob diese Voraussetzung vorliegt, wird durch den Betreuungsrichter – der sich auf ein Sachverständigengutachten stützt – überprüft. Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der bevollmächtigte Betreuer nicht entsprechend der Vereinbarung mit dem Vollmachtgeber oder in dessen Interesse handelt, ist auch die Bestellung eines Kontrollbetreuers denkbar.

Nach dem Tod des Erblassers ist häufig die Überprüfung dessen Testierfähigkeit im Rahmen eines Erbscheinverfahrens erforderlich. Wird auf diese Weise ein Testament oder ein Erbvertrag für unwirksam erachtet, ist für die Erbfolge ein etwa früher errichtetes Testament maßgeblich. Die gesetzliche Erbfolge gilt nur dann, wenn es keine früheren letztwilligen Verfügungen gibt. Diese Konsequenzen wollen bedacht sein!

Den Schutz pflegebedürftiger Menschen in finanzieller Hinsicht hat der Gesetzgeber etwa in § 14 Heimgesetz bedacht: Testamente zugunsten von Pflegekräften im Pflegeheim sind in der Regel unwirksam. Voraussetzung ist allerdings, dass der Bedachte von der testamentarischen Verfügung unterrichtet war. Bei vergleichbarer Interessenlage kennt das Betreuungsrecht allerdings einen entsprechenden Schutz des Betreuten nicht. Oft ist allerdings festzustellen, dass ein Betreuter auch testierunfähig ist, wenngleich die Voraussetzungen einer Betreuung nicht zwangsläufig bedeuten, dass auch Testierunfähigkeit vorliegt. Das muss im Zweifel aber nachgewiesen werden!

Wirksame zivilrechtliche Maßnahmen gegen Erbschleichereien gibt es wie die vorigen Ausführungen zeigen nur begrenzt. Die Sicherungsmöglichkeiten, die oben aufgezeigt sind, sollten allerdings erwogen und womöglich umgesetzt werden.

 

Alexander Doll

Fachanwalt für Erbrecht

 

Karlsruhe