Schadenersatzpflicht des Insolvenzverwalters

Der Insolvenzverwalter haftet auch für unternehmerische Fehlentscheidungen.

In einer neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.03.2017, AZ: IX ZR 253/15 hat der Bundegerichtshof in erstaunlicher Klarheit zum Ausdruck gebracht, dass der Insolvenzverwalter für eine eigene unternehmerische Fehlentscheidung haften kann. Maßstab ist dabei die bestmögliche Befriedigung der Insolvenzgläubiger. Der Insolvenzverwalter darf zudem keine Geschäftschancen persönlich nutzen, die aufgrund der Umstände des Einzelfalles dem schuldnerischen Unternehmen zuzuordnen sind.

Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 InsO ist der Insolvenzverwalter allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft Pflichten verletzt, die ihm obliegen. Dazu gehört es, dass zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu bewahren und zu verwalten. Diese Pflicht ist nicht allein dadurch erfüllt, dass es dem Verwalter gelingt, den Bestand der Masse zu erhalten. Der Insolvenz-verwalter muss nicht benötigte Gelder nicht nur sichern, sondern auch zinsgünstig anlegen. Er muss auch zusätzlich Geschäftschancen wahrnehmen, wenn die Masse ohne sonderlichen Auf-wand und ohne großes Risiko erheblich vermehrt werden kann. Zwar besteht hier sicherlich eine von teils unbeherrschbaren Faktoren unabhängige Prognoseentscheidung und es besteht ein weiter Ermessensspielraum, dennoch muss er Geschäftschancen, die naheliegend und offensichtlich sind, wahrnehmen.

Außerdem liegt ein Pflichtverstoß auch darin, wenn ein Insolvenzverwalter eigennützig, ohne Berücksichtigung der Insolvenz- und Massegläubiger ein vorteilhaftes Geschäft an sich selber zieht und nicht für die Insolvenzmasse nutzt, obwohl dieses in engem Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb der Insolvenzschuldnerin stand.

Der Rechtsgedanke der Treupflichten aus der Gesellschafter- und Geschäftsführer-, Vorstands- und Aufsichtsratsstellung bei GmbH und AG lässt sich auf einen Insolvenzverwalter übertragen, der das Unternehmen fortführt, denn er hat eine Rechtsmacht, die der eines Geschäftsleiters entspricht. Diese Rechtsmacht ist ausdrücklich zweckgebunden für die Interessen der Gläubiger und des Insolvenzschuldners einzusetzen. Daher trifft ihn insoweit ein Wettbewerbsverbot, als es ihm verboten ist, Geschäfte an sich zu ziehen, wenn die Geschäftschance in den Geschäftsbereich des schuldnerischen Unternehmens fällt.

In der Entscheidung ist in erfreulicher Klarheit festgestellt worden, dass ein Insolvenzverwalter bei Ausübung seiner Tätigkeit allein und vorrangig den Interessen der Gläubiger und des schulderischen Unternehmens zu dienen hat und nicht primär seinem eigenen geschäftlichen Wohl zu folgen kann.

Christian Schlemmer
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Karlsruhe

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