Nichtberuecksichtigung der Elternzeit bei der Bemessung von Sonderverguetungen in jedem Fall eine Diskriminierung?

Das Bundesarbeitsgericht hatte kürzlich über einen Fall zu entscheiden, in dem Tarifvertragsparteien für Arbeitnehmer eine Sondervergütung vereinbart hatten, mit der ein Zuwachs an Erfahrungswissen honoriert werden sollte. Bei der Bemessung dieser Vergütung sollte die Dauer von Elternzeiten unberücksichtigt bleiben.

Das Gericht hatte sich nun mit der Frage zu beschäftigen, ob diese Nichtberücksichtigung von Zeiten der Elternzeit eine Diskriminierung der betroffenen Arbeitnehmer darstellt.

Dies geschah vor dem folgenden Hintergrund:

Nach dem vor fast genau zwei Jahren in Kraft getretenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz („Antidiskriminierungsgesetz“, „AGG“) sind bestimmte Benachteiligungen von Arbeitnehmern unzulässig, unter anderem die Benachteiligung wegen des Geschlechts. Rechtswidrig sind dabei auch sog. mittelbare Benachteiligungen, die dann vorliegen, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien und Verfahren Personen wegen eines im Gesetz genannten Grundes, also z.B. wegen des Geschlechts, benachteiligen können. Eine solche Benachteiligung kann nur dann zulässig sein, wenn die Vorschriften, Kriterien oder Verfahren durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (§ 3 Absatz 2 AGG).

Ein klassisches Beispiel einer mittelbaren Diskriminierung ist die Benachteiligung von Teilzeitkräften, weil Teilzeitkräfte in der Regel Frauen sind, welche Berufstätigkeit und Kinderbetreuung miteinander vereinbaren wollen. Benachteiligt ein Arbeitgeber also die bei ihm angestellten Teilzeitkräfte, benachteiligt er damit mittelbar die Frauen wegen ihres Geschlechts. Das gleiche gilt bei der Benachteiligung von Mitarbeitern, die sich in der Elternzeit befinden, denn auch die Elternzeit wird immer noch in der Regel von Frauen genommen.

Zu diesem Komplex hat das BAG mit seinem neu veröffentlichten Urteil vom 21.05.2008, Az.: 5 AZR 187/07, folgendes festgestellt:

„1. Eine unzulässige mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts ist nur gegeben, wenn die streitige Maßnahme nicht durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts zu tun haben. Zudem muss der vom Arbeitgeber für die Ungleichbehandlung angeführte Grund einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens entsprechen und für die Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich sein.

2. Zeiten des Ruhens des Arbeitsverhältnisses dürfen unberücksichtigt bleiben, wenn mit der tatsächlichen Arbeitsleistung ein Zuwachs an Erfahrungswissen verbunden ist, der durch das Entgelt vergütet werden soll.“

Damit ist festzuhalten, dass Zeiten, in den ein Arbeitnehmer sich in Elternzeit befand, aus sachlichen Gründen bei der Berechnung von Vorteilen außer Betracht gelassen werden dürfen. Ob ein ausreichender sachlicher Grund vorliegt, ist dann im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen.

 

 

 

Karen Fiege

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Arbeitsrecht

Karlsruhe