Neues zum Transparenzregister, Teil 3

"Steht doch alles im Handelsregister - da haben wir doch nichts weiter zu tun ..."

Wir haben es schon mindestens einmal geschrieben, glauben aber, dass jedenfalls zur Zeit nicht oft genug darauf hingewiesen werden kann:

Unternehmen, die dafür sorgen, dass alles, was zum Handelsregister anzumelden ist oder sonst eingereicht werden muss, regelkonform behandelt wurde, können davon profitieren, dass es im GWG (Geldwäschegesetz), soweit es dort um das Transparenzregister geht, die sogenannte Mitteilungsfiktion gibt: § 20 Absatz 2 Satz 1 GwG fingiert, dass die Mitteilungspflicht erfüllt ist, wenn die wirtschaftlichen Berechtigen (vgl. § 3 Absatz 1 GwG) aus anderen öffentlichen Registern hervorgehen.

Falsch wäre es zu glauben, dass der jeweilige Handelsregisterstand immer ausreichend ist,  um annehmen zu dürfen, das Unternehmen habe alle seine Pflichten rund um das Thema Transparenzregister erfüllt.

Wie in unserem letzten Beitrag geht es auch hier um die Pflicht, die Angaben der wirtschaftlichen Berechtigten "einzuholen, aufzubewahren, auf aktuellem Stand zu halten und der registerführenden Stelle unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen" (§ 20 Absatz 1 Satz 1 GwG). Diese reicht  weiter als manch ein Geschäftsleiter ahnt

Was bedeutet hierbei "auf aktuellem Stand halten"? Lassen Sie uns hier den Blick auf eine gar nicht so seltene Konstellation werfen:

In einer Familiengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH verstirbt ein wesentlich beteiligter Gesellschafter im Februar, also kurz nach Beginn des Geschäftsjahres der GmbH, welches hier auch mit dem Kalenderjahr identisch ist.
Der Gesellschaftsvertrag erlaubt die Rechtsnachfolge in die Beteiligung des Erblassers dann, wenn Erben der Ehepartner und/oder die (ehelichen oder auch nicht ehelichen) Kinder sind.

Der verstorbene Erblasser hinterlässt ein Testament, in welchem die Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt ist; zugunsten der beiden Kinder werden Vermächtnisse ausgesetzt, die zum Inhalt haben, dass der (einzige) Geschäftsanteil  des Erblassers an der GmbH - nach Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung über die Teilung (vgl. 46 Nr. 4 GmbHG) - mit Wirkung zum Beginn des folgenden Geschäftsjahres der GmbH an die beiden Vermächtnisnehmer zu übertragen ist und der Gewinn des Jahres, in dem der Erblasser verstorben ist, noch der Alleinerbin zustehen soll.

In dem vorgenannten Beispiel ist der GmbH-Geschäftsführer gehalten, den aktuellen Stand über die wirtschaftlichen Berechtigten dadurch zu aktualisieren, dass er das Nachrücken der Ehefrau kraft Universalrechtsnachfolge als Alleinerbin in die Gesellschafterstellung mittels einer neuen Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG ("... unverzüglich nach Wirksamwerden jeder Veränderung in den Personen der Gesellschafter ...") dokumentiert; was hierbei "unverzüglich" bedeutet, ist ein Thema für sich!).

Der Geschäftsführer würde diese Pflicht nicht erfüllen, wenn er zuwartete, weil ihn die beiden Vermächtnisnehmer schon darüber informiert haben, dass sie nach dem nächsten Jahreswechsel aufgrund des Vermächtnisses zu gleichen Anteilen in des Vaters Beteiligung (ein einheitlicher Geschäftsanteil) nachrücken werden. Das Motto "Auf die paar Monate kommt es doch nicht an!" wäre falsch; der Geschäftsführer würde ansonsten schlicht pflichtwidrig handeln.
§ 40 Absatz 3 GmbHG statuiert dementsprechend auch eine Schadensersatzpflicht der Geschäftsführer im Falle der Verletzung dieser Pflicht.

Dementsprechend muss der Geschäftsführer in diesem Beispiel den "Zwischenschritt" nachvollziehen, der in der Nachfolge der Ehefrau in die Beteiligung des Erblassers liegt,  und allein schon dafür eine von ihm selbst zu unterzeichnende neue Gesellschafterliste zum Handelsregister einreichen.

Etwas anders sieht es dagegen dann in unserem Beispiel beim nächsten Schritt aus: Bei der später stattfindenden notariell zu beurkundenden Erfüllung der beiden Vermächtnisse, bestehend in den Abtretungen der (mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung durch Teilung entstehenden) beiden Teil-Geschäftsanteile, wirkt der Notar im Rechtssinne an Veränderungen im Sinne von § 40 Absatz 1 GmbHG mit, so dass die Gesellschafterliste bei diesem Folge-Schritt durch den Notar zum Handelsregister einzureichen ist, § 40 Absatz 2 Satz 1 GmbHG.

Unterließe es der Geschäftsführer der GmbH, den oben so beschriebenen Zwischenschritt durch Einreichung einer Gesellschafterliste zu dokumentieren, entstünde für die Zeit ab dem Todesfall eine Abweichung zwischen der tatsächlichen und der im Handelsregister ablesbaren Rechtslage; nach allem bis hierhin Gesagten lag insoweit schon nach altem Recht ein Gesetzesverstoß vor - und ein Verstoß gegen die Transparenzpflichten des GwG.

Neu ist nun:

(1) Das 5. Änderungsgesetz zum GwG hat seit dem 01.01.2020 die Pflicht für alle nach dem GwG Verpflichteten (§ 2 GwG) eingeführt, sogenannte Unstimmigkeiten an die registerführende Stelle zu melden, § 23a GwG. Diese Meldepflicht trifft alle Verpflichteten nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GwG, mithin diejenigen Personen, denen als Verpflichtete unter Darlegung der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GwG die Einsichtnahme in das Transparenzregister zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten gestattet ist. Die Sorgfaltspflichten, um die es hier geht, sind in § 10 Absatz 3 GwG näher beschrieben. Sie treffen typischerweise, aber nicht nur Banken und andere Finanzdienstleister.

Es könnte somit Folgendes geschehen:

Eröffnet der Geschäftsführer des Unternehmens für die GmbH in der Zeit nach dem Tod des Erblassers ein Konto und legt er der Bank gegenüber noch eine Gesellschafterliste vor, in welcher der Erblasser als Gesellschafter aufgeführt ist, wohingegen der Bank gegenüber über der Anteilseignerkreis dahingehend erklärt wird, dass "die Kinder bald Gesellschafter sein werden, die Gesellschafterliste dann auch bald berichtigt werden wird", dann dürfte auch im Sinne des neuerdings geltenden Rechts eine Unstimmigkeit vorliegen. Denn es ist ersichtlich, dass der verstorbene Erblasser nicht mehr Gesellschafter sein kann und die beiden als Vermächtnisnehmer bedachten Kinder, jedenfalls solange die Vermächtniserfüllung nicht stattgefunden hat, noch nicht Gesellschafter sind. Für die Bank stellt sich in dieser Situation die Frage, ob sie eine Unstimmigkeitsmeldung nach § 23a GwG gegenüber dem Registergericht  auf dem dafür auf der Webseite www.transparenzregister.de ermöglichten elektronischen Weg (vgl .§ 23a Abs. 2 GwG) abgeben muss. Wird diese Frage bejaht, dann muss die Unstimmigkeitsmeldung unverzüglich abgegeben werden (vgl. VI. 3 der FAQ-Seite des Bundesverwaltungsamtes, Stand 03.01.2020). Das könnte auch bedeuten: Lange Rückfragen beim Kunden - die vielleicht nur gut gemeint sind - stellen somit eine Nichtbeachtung einer Pflicht dar, wie sie jedenfalls das Bundesverwaltungsamt annimmt.

Dieses neue gesetzlich institutionalisierte Register-Whistleblowing ist - wie ist es anders zu vermuten - als anonymes (und für den "whistleblower" natürlich kostenfreies) Verfahren konzipiert: "Eine Information (...) über die Identität des Erstatters der Meldung erfolgt nicht." - so der Hinweis unter VI. 11 der FAQ-Seite des Bundesverwaltungsamtes (Stand 03.01.2020).

(2) Die neuen gesetzlichen Regelungen bergen weiteren Zündstoff in sich:

Neuerdings ist in § 57 GwG vorgesehen, dass bestandskräftige Maßnahmen (in Form  der Verhängung von Bußgeldern) und unanfechtbare Bußgeldentscheidungen nach dem GwG oder zufolge von Rechtsverordnungen, die auf der Grundlage des GwG erlassen wurden, per Internet veröffentlicht werden (vgl. § 57 Abs. 1), und zwar auf die Dauer von fünf Jahren (vgl. § 57 Abs. 4).

Im Ergebnis bedeutet dies: Erstattet ein Verpflichteter, etwa gar noch ohne Kenntnis des gegen das GwG (versehentlich) verstoßenden anderen Verpflichteten, und sei es nur, weil dieser sich in einem Rechtsirrtum befindet, so kann sich ein solcher "GwG-Täter" auf die Dauer von 5 Jahren auf der Liste derjenigen Personen wiederfinden, gegen die Bußgelder verhängt werden. Im obigen Beispiel wäre der Tatbestand von § 56 Abs. 1 Nr. 55c bzw. Nr. 55d GwG verwirklicht.

Erst recht auch vor diesem Hintergrund erscheint es wichtig, darauf zu achten, dass die nun nochmals erweiterten gesetzlichen Pflichten eingehalten werden.

Hinweise des Bundesverwaltungsamtes sind unter

www.bva.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Aufgaben/ZMV/Transparenzregister/Transparenzregister_FAQ.pdf

zu finden.

Tätigkeitsfelder von Dr. Oliver Melber

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