Ist die Sicherungsabtretung des Anspruchs auf Rückgewähr einer Grundschuld noch ein probates Sicherungsmittel?

Viele Kreditinstitute haben ausgereichte Kredite mit zweitrangigen Grundschulden besichert und sich in diesem Zusammenhang den Anspruch auf Rückgewähr der erstrangigen Grundschuld zur Sicherung ihrer eigenen Verbindlichkeiten abtreten lassen.

Werden im Insolvenzfall des Kunden dann die entsprechenden Grundstücke verwertet, so stellt sich die Frage, wie und ob am Übererlös der Immobilie, also am Kaufpreis oder Zwangsversteigerungserlös nach Abzug der Verbindlichkeiten des erstrangigen Gläubigers, der zweitrangig gesicherte Gläubiger partizipiert. Die Insolvenzverwalter waren der Geltendmachung solcher Ansprüche in der Regel entgegengetreten und hatten sich auf § 91 Abs. 1 InsO berufen, wonach an Gegenständen der Insolvenzmasse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Rechte mehr erworben werden könnten. In Betracht kam auch ein insolvenzrechtlicher Anfechtungsanspruch nach den §§ 129, 130, 143 InsO gegen ein mögliches Absonderungsrecht.

Nachdem es hier nur zuletzt ein Urteil aus dem Jahre 1976 von Seiten des Bundesgerichtshofes gab und in einer Entscheidung des Jahres 2006 die Frage nicht abschließend geklärt wurde, hat der Bundesgerichtshof nunmehr mit Urteil vom 10.11.2011 (IX ZR 142/10) klargestellt, dass die Sicherungsabtretung des Anspruchs auf Rückgewähr einer Grundschuld nur dann ein Recht auf abgesonderte Befriedigung im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Abtretenden begründen kann, wenn eine Revalutierung der Grundschuld ohne Zustimmung des Abtretungsempfängers nicht oder nicht mehr in Betracht kommt.

Diese Revalutierungsmöglichkeit besteht in der Regel nicht bei einer engen Zweckerklärung der Grundschuld, da dann die Grundschuld nur für eine bestimme Verbindlichkeit haftet und freizugeben ist, sofern diese Verbindlichkeit getilgt ist.

Bei einer weiten Zweckerklärung besteht ein solcher Freigabeanspruch in der Regel auch, wenn eine Übersicherung eintritt. Allerdings kann vertraglich eine weitere Revalutierungsmöglichkeit auch für anderweitige Verbindlichkeiten vereinbart werden. Voraussetzung ist daher hier, dass die nachträgliche Übersicherung sich als endgültig erweist. Dann ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Sicherungszweck entfallen ist. Die Revalutierung als auflösende Rechtsbedingung vernichtet das entstandene Absonderungsrecht gemäß § 51 Nr. 1 InsO aus dem abgetretenen Rückgewähranspruch entsprechend § 158 Abs. 2 BGB.

Eine weite Zweckerklärung, durch die in der Regel das bestellte Grundpfandrecht zur weiteren Sicherung der Banken aus dem konkreten Kreditverhältnis sowie aus anderen etwaigen auch künftigen Kreditverbindlichkeiten dient, kann sich nach Kündigung des gewährten Kredits sich auf die bestehende Restschuld konzentriert haben, insbesondere sofern die Gewährung eines neuen Kredits oder die Abtretung der Forderung gegen den Schuldner nicht mehr in Frage kommt.

In Betracht kommt dann nur noch ein insolvenzrechtlicher Anfechtungsanspruch. So ist der Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem die Abtretung insolvenzrechtlich nach § 140 Abs.1 InsO wirksam geworden ist. Dies ist der Zeitpunkt, in dem der Abtretungsempfänger gegenüber dem Abtretenden eine gesicherte Rechtsposition erlangt hat, der Anspruch also ohne aufschiebende Rechtsbedingung entstanden ist. Das ist bspw. regelmäßig dann der Fall, wenn der erstrangige Gläubiger ein Zwangsversteigerungsverfahren des zweitrangigen Gläubigers beigetreten ist. Entscheidend ist hier der gesetzliche 3-Monatszeitraum.

Christian Schlemmer

 

Rechtsanwalt

Karlsruhe