INCOTERMS® 2020 – Die wichtigsten Änderungen

Bezeichnungen wie EXW, FCA, CIF oder DDP finden Verwendung in einer Vielzahl von internationalen Handelsverträgen. Dahinter verbergen sich Klauseln der International Commercial Terms – die sogenannten INCOTERMS®. Diese werden von der International Chamber of Commerce (ICC) in Paris seit dem Jahr 1936 herausgegeben und regelmäßig im Zehn-Jahresturnus überarbeitet. Die einzelnen Klauseln entfalten ihre Wirkung als soft law bzw. internationaler Handelsbrauch, in dem sie meist durch Verwendung der jeweiligen Abkürzung und der Nennung des Regelwerkes in einen Vertrag einbezogen werden. Also z.B. „die Lieferung erfolgt EXW INCOTERMS® 2020“ für ex works, ab Werk. Unter dem jeweiligen Kürzel führt das Regelwerk dann die genaue Bezeichnung der Rechten und Pflichten des Käufers und des Verkäufers auf. Durch den Verweis auf die INCOTERMS® und die jeweilige Klausel lassen sich somit in aller Kürze und vor allem eindeutig die Gefahr- und Kostentragung sowie einhergehende Organisationspflichten regeln. Dies ist insbesondere im internationalen Warenverkehr von Bedeutung.  Die Regelungen erfahren hier breite Akzeptanz in der Praxis und nahezu weltweite Anerkennung.

Seit dem 01.01.2020 gilt nun die neueste Fassung, die INCOTERMS® 2020. Im Vergleich zu den Klauseln aus dem Jahr 2010 hat das Regelwerk mehrere Änderungen und Ergänzungen erfahren, die sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen lassen.

Zunächst wurden redaktionelle Änderungen innerhalb der einzelnen Klauseln vorgenommen. Dort werden stets unter A die Verpflichtungen des Verkäufers sowie unter B die des Käufers aufgelistet. Unter den untergeordneten Gliederungspunkten A1 bis A10 und B1 bis B10 werden nun für jede Klausel in derselben Reihenfolge die allgemeinen Verpflichtungen, Lieferungen bzw. Übernahme, die Gefahrtragung, der Transport, die zu leistende Versicherung, die vorgesehenen Liefer- und Transportdokumente, Ausfuhr- und Einfuhrabfertigung, Prüfung, Verpackung und Kennzeichnung der Ware, die Kostenverteilung sowie Pflichten zu Benach-richtigungen der jeweiligen Partei geregelt. Durch die Neuanordnung soll eine bessere Über-sichtlichkeit erreicht werden. Ferner wurde das Regelwerk seitens der ICC erstmals mit ausführlichen Kommentaren und Grafiken versehen, welche die Besonderheiten der jeweiligen Klausel verdeutlichen sollen. Inhaltlich wurden im Rahmen der Zuordnung der Pflichten zu Transport, Aus-, Durch- und Einfuhr ergänzt, wer jeweils die Verantwortung für die Erfüllung von gesetzlichen Sicherheitsvorgaben trägt, die je nach Land sehr unterschiedlich ausfallen können.

Eine bedeutende spezifische Änderung ist, dass die Klausel DPU (delivered at place un-loaded) nun die bisherige Klausel DAT (delivered at terminal) ersetzt. Hintergrund ist hier, dass die DAT Klausel in der Praxis wenig Verwendung fand, weil vielfach die falsche Vorstellung zugrunde lag, dass die Klausel nur für Lieferungen zu Schiffs- und Flughäfen geeignet sei, die über ein Terminal verfügen. Die Neufassung vermeidet nun den Begriff Terminal und macht somit deutlich, dass die Klausel für jedweden Entladeort verwendet werden kann. Durch die Verwendung der DPU Klausel wird vereinbart, dass der Verkäufer den Transport und die Entladung der Ware am vereinbarten Lieferort zu bewirken hat. Der Gefahrübergang findet erst durch eine vertragsgemäße Übergabe nach Entladung statt.

Eine weitere inhaltliche Änderung findet sich in der CIP (carriage and insurance paid to) Klausel. Hier wurde die durch den Verkäufer zu bewirkende Versicherungsdeckung erhöht. Anstelle eines Mindestversicherungsschutzes gegen ausdrückliche genannte Schadensereignisse gemäß der Klausel C der Institute Cargo Clauses (ICC-C) – wie nach wie vor auch in der Klausel CIF vorgesehen – wird hier nun eine Versicherungsdeckung im Sinne der Klausel A (ICC-A für Institut Cargo Clauses: All Risk) benötigt; soweit nicht anderweitig vereinbart oder handelsüblich.
Im Rahmen der Absenderklausel FCA (free carrier, frei Frachtführer) wurde eine neue Regelung zu sog. Bordkonnossementen aufgenommen. Durch die Verwendung der Klausel wird bewirkt, dass die Ware als geliefert gilt, wenn sie an den vom Käufer beauftragten Frachtführer übergeben bzw. zur Verfügung gestellt wird. Es ist nun bei Verwendung der Klausel zulässig, zu vereinbaren, dass der Verkäufer eine separate Bestätigung erhält, dass die Ware an Bord eines Seeschiffes übernommen wurde oder dass dies beabsichtigt ist. Die INCOTERMS® 2020 legen hierzu nun die Abläufe fest. Praktischer Hintergrund ist hier, dass eine entsprechende schriftliche Bestätigung über die Schiffsverladung regelmäßig von Banken im Rahmen der Akkreditivabwicklung verlangt werden.
Die letzte wesentliche Änderung in den INCOTERMS® 2020 ist, dass nun in den Klauseln FCA (free carrier, frei Frachtführer), DAP (delivered at place, geliefert benannter Ort), DPU (delivered at place unloaded, geliefert benannter Ort entladen) und DDP (delivered duty paid, geliefert verzollt) berücksichtigt wird, dass Käufer oder Verkäufer den Transport auch mit eigenen Transportmitteln durchführen können. Ältere Version des Regelwerks gingen hier stets von einem Transport durch einen unabhängigen Frachtführer aus. In der Neufassung wird nun nicht mehr der Abschluss eines Transportvertrages vorausgesetzt, wenn der Transport selbst organisiert und durchgeführt wird.
Hinsichtlich der vertraglichen Einbeziehung ist zu berücksichtigen, dass soweit in bestehenden Verträgen auf ältere Versionen des Regelwerks verwiesen wird, diese nicht ihre Gültigkeit verlieren. Ohne Präzisierung, welche Fassung der INCOTERMS® gelten soll, gilt hingegen, dass im Zweifel von einem Verweis auf die neue Version von 2020 auszugehen ist. Für neue Verträge oder Vertragsänderungen bietet es sich aber an, die Geltung der neuen INCOTERMS® 2020 ausdrücklich zu vereinbaren, um so den gesehenen Änderungen und Klarstellungen eindeutig Rechnung zu tragen.

Die vollständige Einbeziehung lautet dann beispielhaft:

EXW INCOTERMS® 2020 Douglasstr. 11, Karlsruhe, Germany


Entsprechend sollte die Neufassung der INCOTERMS® auch bei der Überarbeitung allgemeiner Geschäftsbedingungen im B2B-Bereich berücksichtigt werden.

Karlsruhe den 05.03.2020

Stephan Pap

Rechtsanwalt

 

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