Generalanwalt hält deutsches Recht für unionsrechtswidrig

Der Generalanwalt des europäischen Gerichtshofs hat in einem Vertragsverletzungsverfahren zwischen der Europäischen Kommission und der BRD – C – 137/14 – in seinen Schlussanträgen vom 21.05.2015 die Auffassung vertreten, dass das deutsche Recht in mehrfacher Hinsicht gegen Unionsrecht verstößt.

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Der Generalanwalt hat zunächst beanstandet, dass § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO den Anspruch Einzelner, die Aufhebung eines Verwaltungsakts zu erwirken, auf den Fall beschränkt, dass vom deutschen Verwaltungsrichter die Rechtswidrigkeit dieses Verwaltungsakts festgestellt wird. Nach Auffassung des Generalanwalts ist im Ergebnis die Möglichkeit, die Aufhebung eines Verwaltungsakts durch einen Bürger zu erwirken, nicht hinreichend gewährleistet.

Unter anderem hat der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen auch die Auffassung vertreten, dass es gegen das Unionsrecht verstoße, wenn der deutsche Gesetzgeber vorgibt, dass der gerichtliche Prüfungsumfang auf Einwendungen beschränkt ist, die bereits innerhalb einer Einwendungsfrist im Verwaltungsverfahren eingebracht wurden. Der Generalanwalt ist der Auffassung, dass derartige Präklusionsregeln das Recht der betroffenen Öffentlichkeit, die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anzufechten, übermäßig erschweren.

Es bleibt abzuwarten, ob sich der Europäische Gerichtshof der Auffassung des Generalanwalts anschließt, was sehr häufig der Fall ist.

Im Ergebnis könnte dies bedeuten, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Öffentlichkeit im Hinblick auf die Genehmigung von Anlagen (z.B. von Windenergieanlagen) im deutschen Recht erheblich ausgeweitet werden müssen.

 

Dr. Rico Faller

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

 

Karlsruhe

 

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