
Gebäudeenergiegesetz (GEG) aus der Sicht der erbrechtlichen Nachfolgeplanung
Der „Eigentümerwechsel“ im GEG – Teil 2
In unserem vorausgegangenen Beitrag haben wir die Frage aufgeworfen, was sich hinter dem Begriff „Eigentümerwechsel“ im Zusammenhang mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) verbirgt. Dabei haben wir Zweifel an den Aussagen in verschiedenen Fachkommentaren zum GEG angedeutet, die wie selbstverständlich davon ausgehen, dass jeder Übergang von Eigentum an einem Ein- oder Zweifamilienhaus - unabhängig davon, ob entgeltlich oder unentgeltlich – einen Eigentümerwechsel im Sinne des Gesetzes darstellt. Diese Aussagen stehen unseres Erachtens im Widerspruch zu Überlegungen, die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Energieeinsparverordnung (EnEV) angestellt wurden. Dort wurde ausdrücklich davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber primär den entgeltlichen Eigentumsübergang im Blick hatte und für Ein- und Zweifamilienhäuser ein den Bürger schonendes Vorgehen wählen wollte. Dahinter stand auch die Überlegung, dass sich der Mehraufwand für eine energiewirtschaftliche Ertüchtigung der Immobilie im Kaufpreis abbilden wird.
Bei unentgeltlichen Übertragungen – etwa im Wege einer Schenkung oder Erbschaft – liegen die Dinge aber anders: Denn anders als beim entgeltlichen Erwerb, bei dem sich der Mehraufwand für energetische Sanierungen im Kaufpreis niederschlägt, sind Erben oder Beschenkte oft finanziell nicht in der Lage, solche Investitionen zu stemmen. Auch kann sich ein Erbe nicht immer auf den Erwerb vorbereiten, da der Tod des Erblassers oft unerwartet eintritt. Bei der (teil-)unentgeltlichen Übertragung des Ein- oder Zweifamilienhauses im Wege vorweggenommener Erbfolge liegen die Dinge nochmals anders.
Daher stellt sich die Frage, ob es Möglichkeiten gibt, einen „Eigentümerwechsel“ im Sinne des GEG zu vermeiden und gleichzeitig die Übertragung des Ein- oder Zweifamilienhauses optimal zu gestalten.
Methodische Überlegungen zur Auslegung des Gesetzes
Methodisch ist ein „Festkleben“ am Wortlaut des Gesetzes bei weitem nicht geboten. Ist der Wortlaut einer Norm zu weit, und lässt sich nachweisen, dass ein zu weiter Anwendungsbereich nicht im Sinne des Gesetzgebers war, hilft die methodische Figur einer sogenannten „telelogischen Reduktion“, mit der der Anwendungsbereich einer zu weit gefassten Norm auf das eigentlich Gewollte reduziert wird.
Ein Erbe oder ein Beschenkter, der einmal in die Situation kommen könnte, die gesetzlichen Pflichten zu spät erfüllt zu haben, könnte sich insoweit darauf zurückziehen, dass er die Norm so verstanden habe, dass nur ein Kauf von Immobilien gemeint seien, nicht aber ein Erbe oder ein Beschenkter. Ob das aber wiederum ausreicht, um den Vorwurf der Begehung einer Ordnungswidrigkeit zu entkräften bleibt hier offen und wäre im Einzelfall zu prüfen.
Hoffen auf die Politik?
Verschiedentlich haben sich die politischen Parteien in Sachen GEG positioniert und angekündigt, das GEG abschaffen zu wollen. Soll damit aber auch „zurückgeändert“ werden, was vor dem GEG bereits als Regelungen inhaltsgleich in der Energieeinsparverordnung (EnEV) vorhanden war? Das erscheint nicht gesichert. Und falls es doch so käme: Wie lange würde es dauern, bis feststeht, was in Zukunft gilt? Wer auf der sicheren Seite sein will und handeln möchte (oder muss), sollte nicht abwarten.
Was könnte man tun, um einen „Eigentümerwechsel“ von vornherein zu vermeiden?
Wie ließe sich der Übergang des Eigentums so zu strukturieren, dass keine Rechtsänderung eintritt, die einen Eigentümerwechsel im Sinne des GEG darstellt. Hier einige Ansätze:
- Anteilsweise Übertragung
Wird Grundbesitz nur teilweise übertragen und bleibt der Schenker Mehrheitseigentümer, könnte dies verhindern, dass ein Eigentümerwechsel angenommen wird. Solange der Schenker die Mehrheit der Stimmrechte behält und weiterhin die maßgeblichen Entscheidungen trifft, bleibt seine Verfügungsgewalt bestehen. Dies gilt beispielsweise in einer einfachen Rechtsgemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) oder bei Einbringung des Grundbesitzes in eine (eingetragene) Gesellschaft bürgerlichen Rechts (eGbR), eine vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft (KG) oder eine GmbH & Co. KG. - Sperrminoritäten und Zustimmungsvorbehalte
Selbst wenn dem Beschenkten die Mehrheit der Anteile übertragen wird, kann durch vertragliche Gestaltung eine Sperrminorität zugunsten des Schenkers vereinbart werden. Dadurch behält der Schenker entscheidenden Einfluss, insbesondere bei wichtigen Verwaltungsmaßnahmen. Wie groß die zurückbehaltenen Anteile sein müssen, um eine wirksame Sperrminorität zu begründen, ist im Einzelfall zu prüfen. Eine starre Grenze gibt es nicht. Während im Kapitalgesellschaftsrecht 25 % als ausreichend gelten, ist dies bei Personengesellschaften differenzierter zu betrachten. - Unentgeltliche Übertragungen unter Ehegatten im Besonderen
Beim selbstgenutzten Familienheim – sei es ein Einfamilienhaus oder ein Zweifamilienhaus, welches teilweise selbstgenutzt wird – liegt ohnehin stets die Erwägung nahe, den Weg einer Schenkung unter Lebenden zu wählen, weil damit anders als beim Erwerb von Todes wegen nicht die 10jährige Frist nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG zur Anwendung kommt. Hält der Schenker das Familienheim zu Alleineigentum, gelten die Überlegungen unter 1 und 2 oben unseres Erachtens wie bei fremden Dritten. Halten die Eheleute das Familienheim aber zu je ½ Miteigentum, wird der Fall anders liegen, weil mit der Schenkung der Eigentümerwechsel im Ganzen perfekt werden würde.
„Nießbrauchsfalle?“
Hinweisen wollen wir in diesem Zusammenhang auch darauf, dass es im Zusammenhang mit dem GEG eine Art „Nießbrauchsfalle“ geben könnte: Derjenige Schenker, der heute noch Immobilieneigentum so verschenkt, dass damit eindeutig ein sogenannter Eigentümerwechsel ausgelöst wird, sich dabei aber in vielfach üblicher Weise den Nießbrauch vorbehält, begründet damit zulasten des Beschenkten und Nießbrauchsverpflichteten ein Dilemma: Muss der Beschenkte spätestens zwei Jahre nach Vollzug der Schenkung die Pflichten nach dem GEG erfüllen und will er dafür eine Fremdfinanzierung über eine Bank vornehmen, so müsste er feststellen, dass er mangels Einkünften (die ja beim Nießbraucher/Schenker liegen) auch keine Möglichkeiten zum steuerlichen Abzug der Zinsaufwendungen hat. Eine Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt, die unter den Vorzeichen des Gebäudeenergiegesetzes einen Eigentümerwechsel darstellt, kann unseres Erachtens keinesfalls näher uneingeschränkt empfohlen werden, wenn absehbar ist, dass der Beschenkte in die Situation kommt, den mancherorts erheblichen Aufwand für die Herstellung von GEG-konformen Zuständen fremd-finanzieren zu müssen.
Unser Fazit:
Die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig, aber auch komplex. Beginnen Sie frühzeitig mit gestalterischen Planungen und vermeiden Sie Risiken. Gerne unterstützen wir Sie dabei.
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