Fremdvergabe von Leistungen: Was Sie bei einer Kündigung von Mitarbeitern beachten müssen

Vergibt ein Unternehmen bisher selbst ausgeübte Tätigkeiten an andere Firmen im Wege des sog. Outsourcing, so kann er nicht ohne Weiteres den bisher dafür eingesetzten Arbeitnehmern kündigen. Die Anforderungen des Kündigungsschutzes sind zu wahren und im Vorfeld für einen erfolgreichen Arbeitsgerichtsprozess zu dokumentieren.

Eine Kündigung ist nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes möglich, wenn dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen. Dies ist der Fall, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein.

Für eine Outsourcing-Maßnahme hat das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 20. November 2014 (2 AZR 512/13) diese Anforderungen an eine betriebsbedingte Kündigung näher konkretisiert.

Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit

Für eine betriebsbedingte Kündigung müssen die bisherigen Beschäftigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers weggefallen sein, wie dies der Fall ist, wenn ein Unternehmen sich entscheidet, Aufgaben an ein drittes Unternehmen zu vergeben. Der Arbeitskräftebedarf wird sich also dauerhaft verringern, wenn die Aufgaben nicht mehr mit eigenen Kräften, sondern durch Fremdvergabe erledigt werden.

Hier ist eine Gegenüberstellung des bisherigen Arbeitskräftebedarfs nach Köpfen bzw. Stellen (und nicht nach Personen) mit dem zukünftigen Bedarf vorzunehmen und zu dokumentieren. Aus der Differenz ergibt sich dann die Anzahl der zu kündigenden Mitarbeiter. Dabei sollte der Unternehmer möglichst schriftlich für sich darlegen, wie die Maßnahme umgesetzt werden soll und was für zusätzlichen Bedarf es geben könnte (Koordinierung/Kontrolle).

Hier wird natürlich auch überprüft, ob überhaupt eine Fremdvergabe und keine Umgehung des Kündigungsschutzes vorliegt, weil beispielsweise die bisherigen Arbeitnehmer nun als (Schein-)Selbstständige tätig werden sollen.

Zeitpunkt der Umsetzung der Fremdvergabe

Es reicht dann grundsätzlich aus, dass diese unternehmerisch organisatorische Maßnahmen bei Kündigungszugang noch nicht tatsächlich umgesetzt ist, wenn die künftige Entwicklung konkret und greifbare Formen angenommen hat. Absicht und Wille des Arbeitgebers, die Maßnahme vorzunehmen, müssen aber schon konkret schon vorhanden sein. Ein in diesem Sinne endgültig und ernsthaft gefasster Entschluss zur Fremdvergabe von Tätigkeiten genügt auch dann schon für eine Kündigung, wenn der Arbeitgeber noch keinen Vertrag mit dem Drittunternehmer über die Durchführung der fraglichen Aufgaben geschlossen hat.

Es reicht aus, wenn er etwa auf Grundlage bereits eingeholter Angebote, berechtigterweise annehmen durfte, die Kündigungsfrist biete für die endgültige Vergabe noch ausreichend Zeit. Diese Bemühungen sollte man ebenfalls für einen etwaigen späteren Kündigungsschutzprozess dokumentieren.

Muss die Fremdvergabe billiger sein als die Eigenleistung?

Das Bundesarbeitsgericht hält in der Entscheidung auch fest, dass der Unternehmer bis zur Grenze der Willkür nicht gehindert ist, auch wirtschaftlich nicht zwingend notwendige Organisationsentscheidung zu treffen. Es sei nicht Sache der Arbeitsgerichte, eine bessere oder richtigere betriebliche Umsetzung vorzuschreiben. Es kommt daher nicht darauf an, ob mit der Fremdvergabe durch die Beauftragung des Drittunternehmens überhaupt Kosten gespart werden. So ist es ja auch denkbar, dass eine rein strategische (Neu-)Ausrichtung Ursache der Fremdvergabe ist. Dennoch sollte der Unternehmer seine Motivation in irgendeiner Weise darlegen können.

Es wird also nur festgestellt, ob überhaupt ein solcher Beschluss der Fremdvergabe getroffen wurde und welchen Inhalt er hat, die Sinnhaftigkeit wird nur auf grobe Missbräuchlichkeit überprüft. Damit führt das Bundesarbeitsgericht in erfreulicher Klarheit seine bisherige Rechtsprechung zur freien unternehmerischen Entscheidung fort.

Was ist noch zu beachten?

Die Entscheidung berechtigt in aller Regel, auch wenn sie sofort umgesetzt werden soll, nur zu einer ordentlichen Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist. Sollten ordentlich unkündbare Mitarbeiter betroffen sein, so muss diese Unkündbarkeit in der unternehmerischen Entscheidung berücksichtigt werden und es muss dargelegt werden, dass die Kündigung auch dieser Mitarbeiter betrieblich unumgänglich ist.

Außerdem ist unter den Mitarbeitern eine Sozialauswahl durchzuführen, mit der bestimmt wird, welche konkreten Arbeitnehmer entlassen werden müssen. Dazu werden zunächst die untereinander von Qualifikation und Aufgabengebiet vergleichbaren Mitarbeitern ermittelt. Dann ist anhand der Kriterien der Dauer der Betriebszugehörigkeit, des Lebensalters, der Unterhaltspflichten und einer Schwerbehinderung unter diesen abzuwägen, wer die sozial am wenigsten schutzwürdigen Personen sind.

 

Christian Schlemmer

Fachanwalt für Insolvenzrecht

Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

Karlsruhe

 

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