Eigener Herd ist Goldes wert - Übertragung von Wohnungseigentum an Minderjährige nie nur rechtlich vorteilhaft

Minderjährige bedürfen für Rechtsgeschäfte, bzw. die Erklärung zum Abschluß des Geschäftes, die ihnen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sind, die Genehmigung ihres gesetzlichen Vertreters, damit ihre Erklärung auch wirksam wird (§ 107 BGB). Wenn nun, wie in dem hier beschriebenen Fall die Eltern eines minderjährigen Kindes z.B. ihre Vermögensverhältnisse zu Lebzeiten regeln wollen (z.B. aus steuerlichen Gründen) und eine Eigentumswohnung auf das Kind übertragen wollen, stellt sich die Frage, ob dafür eine Genehmigung erforderlich ist und wenn ja, wer diese erteilt.

Wieso denn dieser Aufwand, die Wohnung wird doch verschenkt und außerdem ist doch für die Eltern ein Nießbrauch vereinbart, der dazu führt, dass die Eltern vereinfacht gesagt alle Unterhaltungskosten zu tragen haben? Die Sache scheint doch für das Kind nur von Vorteil zu sein.

Der BGH sieht´s anders! Bislang hatte die herrschende Meinung (Palandt/Ellenberger 69. Aufl, § 107 Rn 4; Soergel/Hefermehl 13.Aufl., § 107 Rn 8; BGH V ZB 16/79, V ZB 44/04) darauf abgestellt, ob in der Gesamtschau die Sache vorteilhaft war, d.h. also ob das Kind bei dem Erwerb in einen Mietvertrag eintrat oder an einen Verwaltervertrag gebunden war. Jetzt hat der BGH am 30.09.10 (V ZB 206/10) diese Sicht der Dinge aufgegeben und entschieden, daß der (auch schenkungsweise) Erwerb einer Eigentumswohnung nie nur rechtlich vorteilhaft ist, weil bestimmte gesetzliche Folgen, wie der Eintritt in die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) und die damit verbundene – wenn auch nur anteilige - Haftung für Verbindlichkeiten der WEG im Außenverhältnis zu Gläubigern der WEG nicht abgewendet werden können. Insoweit ist nun also ausschließlich auf das dingliche Erwerbsgeschäft und die daran geknüpften Folgen abzustellen.

Weil der Minderjährige für diese Verbindlichkeiten nicht nur mit der geschenkten Wohnung haftet, sondern auch mit darüber hinausgehendem eigenen Vermögen, bedarf das Geschäft der Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter. Dies sind eigentlich die Eltern, die aber in dieser Konstellation an der Vertretung des Kindes gehindert sind (§1629 Abs.2 Satz 1 BGB i.V.m. §1795 Abs.1 Nr.1 BGB). Deshalb muss die Genehmigung durch einen vom Familiengericht eingesetzten Ergänzungspfleger erfolgen. Eine familiengerichtliche Genehmigung selbst ist allerdings nicht erforderlich, weil die Erfüllung des Anspruches auf Übereignung nicht von § 1821 BGB erfasst ist.

Jan Helge Kestel

 

Rechtsanwalt

Erfurt