Die Reform der Insolvenzordnung durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)

Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (BGBl. 2011, Teil I Nr. 64, S. 2582) tritt am 1. März 2012 in Kraft. Ziel des Gesetzes ist es, dass das Insolvenzverfahren künftig stärker als bisher als echte „Chance zur Sanierung“ verstanden wird, indem Sanierungen künftig einfacher, effektiver und schneller erfolgen können.

Die Reform dient der Erleichterung der Sanierung von Unternehmen durch einen stärkeren Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzverwalters, durch Ausbau und Straffung des Insolvenzplanverfahrens und durch die Vereinfachung des Zugangs zur Eigenverwaltung.

Die Gläubigerautonomie soll u. a. durch zeitlich vorverlagerte Rechte gestärkt werden, indem bereits im Eröffnungsverfahren ein vorläufiger Gläubigerausschuss eingesetzt werden kann, der wichtige Mitspracherechte, insbesondere bei der Auswahl des Insolvenzverwalters und der Anordnung der Eigenverwaltung hat. Der Ausschuss kann Vorgaben für die Auswahl und Bestellung des Insolvenzverwalters machen, die für das Insolvenzgericht bindend sind. Bei Einstimmigkeit kann die Person und mit Mehrheit können Auswahlkriterien festgelegt werden. Die vorherige beratende Tätigkeit für das schuldnerische Unternehmen soll ebenso wie ein Vorschlag des Schuldners oder eines Gläubigers kein Hinderungsgrund für die Bestellung mehr sein.

Die Sanierung im Insolvenzverfahren soll durch die Stärkung der Eigenverwaltung, eine Erweiterung der Möglichkeiten des Insolvenzplanverfahrens und das Schutzschirmverfahren und die Kombination dieser Mittel erleichtert werden.

Stellt ein Schuldner einen Antrag auf Eigenverwaltung so soll diese in der Regel angeordnet werden, der Insolvenzrichter muss sich ernsthafter als bisher mit dieser Möglichkeit auseinandersetzen. Befürwortet der Gläubigerausschuss die Eigenverwaltung so soll das Gericht hieran gebunden sein.

Ein schuldnerisches Unternehmen kann bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder bei Überschuldung unter Vorlage einer Sanierungsfähigkeitsbescheinigung beantragen, innerhalb von drei Monaten im sog. Schutzschirmverfahren unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters und frei von Vollstreckungsmaßnahmen in Eigenverwaltung einen Insolvenzplan auszuarbeiten. Das Gericht soll dabei regelmäßig den vom Schuldner benannten vorläufigen Sachwalter einsetzen und auf Antrag Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner zu untersagen oder einstweilen einstellen.

Die Möglichkeiten des Insolvenzplanverfahrens werden erweitert, indem jede gesellschaftsrechtlich zulässige Maßnahme, darunter auch der Tausch von Forderungen in Eigenkapital, Planinhalt werden kann. Die Rechtsmittel gegen den Insolvenzplan werden beschränkt, damit einzelne Gläubiger nicht mehr in missbräuchlicher Weise intervenieren können. Die Verjährungsfristen für verspätete Forderungen werden verkürzt und es kann gegenüber diesen Forderungen Vollstreckungsschutz gewährt werden.

Die Neuerungen stellen erhöhte Anforderungen an die Gläubiger, die sich frühzeitig in das Verfahren einschalten müssen, um über den Gläubigerausschuss Einfluss auf die maßgeblichen Entscheidungen im Insolvenzverfahren, wie die Auswahl des Insolvenzverwalters und die Art des Verfahrens, ausüben zu können. Ein krisenbehaftetes Unternehmen erhält nun die Chance sich geplant unter den Schutz des Insolvenzverfahrens zu begeben und unter Ausnutzung aller Möglichkeiten der Insolvenzordnung eine erfolgreiche Sanierung mittels Insolvenzplan durchzuführen. Dafür muss der für die Einleitung der entsprechenden Verfahren notwendige Antrag und seine Anlagen sehr sorgfältig und möglichst mit professioneller Hilfe erstellt werden, um die entsprechenden Möglichkeiten nutzen zu können und vorab kalkulierbare Ergebnisse zu erzielen.

Christian Schlemmer

Fachanwalt für Arbeitsrecht
Karlsruhe