Neue Pflichten des Arbeitgebers zum Schutz von Whistleblowern

Nachdem der Bundesrat dem Hinweisgeberschutzgesetz in seiner damaligen Fassung im Februar 2023 die Zustimmung verweigerte, konnten sich Bund und Länder nunmehr auf einen Kompromiss einigen. Die geänderte Fassung wurde durch den Bundestag am 11. Mai 2023 verabschiedet. Insbesondere wurde auf anonyme Meldekanäle verzichtet. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 12. Mai 2023 zugestimmt.

Ziel des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Richtlinie (EU) 2019/1937 ist ein verbesserter Schutz von Whistleblowern, also von Personen, die Hinweise auf Missstände in Unternehmen geben.

 

Welche Maßnahmen sieht das Gesetz vor?

Unternehmen und Organisationen ab 50 Beschäftigten müssen sichere interne Hinweisgebersysteme installieren und betreiben. Whistleblower müssen in der Lage sein, Hinweise auf unterschiedliche Weisen, etwa mündlich, oder schriftlich, abgeben zu können.

Kleineren Unternehmen zwischen 50 und 249 Beschäftigten wird dafür eine Umsetzungsfrist bis zum 17. Dezember 2023 eingeräumt. Aufgrund der Komplexität der Einrichtung von Schutzsystemen sowohl in rechtlicher als auch in technischer Hinsicht besteht auch hier unmittelbarer Handlungsbedarf.  Für Unternehmen ab 250 Beschäftigten besteht Handlungsbedarf bis Mitte Juni 2023, da das Gesetz für Sie mit Inkrafttreten gilt.

In Konzernen kann eine zentrale Meldestelle für den gesamten Konzern eingerichtet werden kann. Darüber hinaus müssen klare Verfahrensregeln festgelegt werden, wie mit Hinweisen passend zu den Bestimmungen des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes umgegangen wird.

Dem Betriebsrat stehen bei der Ausgestaltung des Hinweisgebersystems Mitbestimmungsrechte zu, sodass hier Betriebsvereinbarungen abzuschließen sind. Das kann zeitlich zu einer Herausforderung werden.

Da­nach sind Hin­weis­ge­ber bei der Mel­dung von Verstößen zu ­schützen, die straf­be­wehrt oder bußgeld­be­wehrt sind. Die Mel­dung muss In­for­ma­tio­nen über Gesetzesverstöße bei dem Arbeitgeber be­inhal­ten, bei dem die hin­weis­ge­bende Per­son tätig ist oder war, oder bei ei­ner an­de­ren Stelle, mit der die hin­weis­ge­bende Per­son auf­grund ih­rer be­ruf­li­chen Tätig­keit im Kon­takt steht oder stand.

 

Wie ist dies umzusetzen?

Whistleblower müssen zunächst die Möglichkeit erhalten, entsprechende Hinweise abzugeben. Die einzurichtende interne Meldestelle muss dies dem Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen bestätigen. Binnen drei Monaten muss die Meldestelle den Whistleblower über die ergriffenen Maßnahmen informieren, beispielsweise über die Einleitung interner Compliance-Untersuchungen oder die Weiterleitung einer Meldung an eine zuständige Behörde, etwa eine Strafverfolgungsbehörde.

Eine zweite, gleichwertige Möglichkeit zur Abgabe von Hinweisen ist die externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz. Whistleblower können sich frei entscheiden, ob sie eine Meldung an die interne Meldestelle ihres Unternehmens abgeben oder die externe Meldestelle nutzen möchten. Sofern wirksam intern gegen den Verstoß vorgegangen werden kann, ist die interne Meldestelle jedoch zu bevorzugen. Möglich ist es auch die Betreuung der internen Meldestelle an einen Dritten zu übertragen.

In der angepassten Version wurde hingegen die Pflicht gestrichen, auch anonyme Meldungen zu ermöglichen. Es wird lediglich vorgegeben, dass die Stellen auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten sollen.

 

Was sind mögliche Rechtsfolgen des neuen Gesetzes?

Zum Schutz der Whistleblower vor "Repressalien" enthält das Gesetz eine weitgehende Beweislastumkehr: Wird ein Whistleblower im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit "benachteiligt", wird vermutet, dass diese Benachteiligung eine Repressalie ist.

 Dies wird vor allem im Rahmen von Kündigungsschutzklagen praktische Relevanz haben. Auch Schadensersatzklagen wegen Nichtberücksichtigung bei Beförderungen werden hier relevant werden. Nach der geänderten Fassung muss sich der Arbeitnehmer jedoch aktiv hierauf berufen. Zudem kommen Schadensersatzansprüche des Whistleblowers aufgrund von Repressalien in Betracht. 

Bei Verstößen gegen das Gesetz (z. B.: das nicht rechtzeitige Einrichten der internen Meldestellen) drohen Bußgelder zwischen 10.000 und bis zu 50.000 Euro.

 

Sehr gerne beraten wir Sie individuell hinsichtlich der genauen Vorgaben sowie der Umsetzung des neuen HinSchG.

 

Dylan Black                                        Christian Schlemmer

Rechtsanwalt                                     Rechtsanwalt

                                                           Fachanwalt für Arbeitsrecht

Tätigkeitsfelder von Christian Schlemmer

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