Das geplünderte Bankkonto im Erbfall

Als Erbrechtler ist man nicht selten mit Fallkonstellationen befasst, in denen die Erben feststellen müssen, dass das Bankkonto des Erblassers zu dessen Lebzeiten aufgrund erteilter Vollmacht regelrecht geplündert wurde. Der oder die Erben sehen den Nachlass erheblich geschmälert und fragen sich, welche Möglichkeiten der Aufklärung nach dem Tod des Erblassers bestehen. Oft ist es auch ein Miterbe, dem Bankvollmacht erteilt war und welcher von dieser ausgiebig Gebrauch gemacht zu haben scheint. Wie dies im Verwandtenkreis oder unter nahestehenden Personen üblich ist, stehen für den Anlass von Geldabhebungen keine Beweismittel zur Verfügung.

Der Kontobevollmächtigte wendet in der Regel ein, er habe die Gelder im Auftrag des Erblassers zu dessen Lebzeiten abgehoben und ihm ausgehändigt; teilweise wird erklärt, es handele sich um eine Schenkung des Erblassers an den Bevollmächtigten selbst oder an Dritte; der Bevollmächtigte habe diese aufgrund Vollmacht vollzogen. Der Bevollmächtigte sieht sich dann durch die Erben oder Miterben mit dem Vorwurf der Unredlichkeit konfrontiert, da er seine Erklärungen über den Verbleib des Geldes nicht beweisen kann. Er hat sich über die Ablieferung der Gelder an den Erblasser keine Quittung ausstellen lassen; eine behauptete Schenkungsabrede ist nicht durch ein vom Erblasser unterzeichnetes Schriftstück belegt.

Dabei geht die Beratung sei dies von Banken, sei dies von Juristen oft dahin, dem Dritten Vollmacht zu erteilen, etwa wenn der spätere Erblasser sich nicht mehr selbst zur Bank bewegen kann, den Geldautomaten nicht selbst bedienen kann, um ihm so seine Handlungsfreiheit zu erhalten. Für den Fall später eingeschränkter Geschäftsfähigkeit des Erblassers wird empfohlen, einem nahestehenden Angehörigem Vorsorgevollmacht zu erteilen.

Wird der so entstehende Konflikt nach dem Tode des Kontoinhabers vor Gericht ausgetragen, kann man sich leicht vorstellen, dass das Ergebnis einer prozessualen Auseinandersetzung von der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast abhängt. Der oder die Erben werden zunächst versuchen, entsprechende Auskünfte von der kontoführenden Bank zu erhalten. Auskunftsansprüche stehen ihnen zur Seite. Rechtsprobleme tauchen allerdings beispielsweise dann auf, wenn der Verstorbene durch eine Erbengemeinschaft beerbt worden ist und zwischen den Mitgliedern der Erbengemeinschaft Uneinigkeit besteht, ob und inwieweit die Bank Auskünfte zu erteilen hat. Hier können sich schon schwierige Fragen zwischen dem Auskunftsanspruch der Erbengemeinschaft einerseits und dem Zuwendungsempfänger, der sich auf das Bankgeheimnis beruft, ergeben. Der Erbe hat Auskunftsansprüche selbstverständlich gegen den Bevollmächtigten ganz allgemein aus der Pflicht des Bevollmächtigten, über die Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen gem. §§ 662, 675 Abs. 1, 666 BGB. Der Inhaber einer Bankvollmacht wendet oft ein, der oder den Geldabhebungen habe kein Auftragsverhältnis, sondern ein reines Gefälligkeitsverhältnis zugrunde gelegen. Darüber hatte etwa das OLG Brandenburg im Jahre 2008 zu entscheiden. Dort hatte ein 90-jähriger Erblasser den Erlös aus dem Verkauf seiner Immobilie auf das Konto des Enkels und dessen Ehefrau überstellt. Im Hinblick auf die Höhe der Summe wurde ein Gefälligkeitsverhältnis abgelehnt; der Enkel war Auskunftsverpflichtet. Auch wenn ein Sohn regelmäßig Spar- und Bankkonten seiner Mutter verwaltet, ist bei Überweisungen in der Größenordnung von 30.000,00 DM ein unverbindliches Gefälligkeitsverhältnis abgelehnt worden mit der Konsequenz der Rechnungslegungspflicht des Bevollmächtigten. Das hatte das OLG Köln im Jahre 1995 zu entscheiden (OLG Köln, OLGR 1995, 51). Bei Kontobewegungen größeren Umfangs wird die Rechtsprechung im Zweifel zu der Annahme eines Auftragsverhältnisses tendieren mit der Konsequenz der Auskunftsverpflichtung des Beauftragten.

Die Empfehlung ist daher eindeutig: Bei Verfügungen zu eigenen Gunsten die Schenkung durch den Erblasser schriftlich bestätigen zu lassen; Geldübergaben an den Erblasser sich quittieren zu lassen.

Besonderheiten gelten im Verhältnis von Ehegatten untereinander. Eine Abrechnungs- und Auskunftsverpflichtung in entsprechender Anwendung der oben genannten Vorschriften nach Auftragsrecht kommt nicht zur Anwendung, wie der BGH in NJW 2000, 3199 entschieden hat. Teilweise ist die für die Ehe geltende Ausnahme auch auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft angewandt worden, wurde aber bei anderen Lebenssituationen mit engem persönlichem Einschlag auch abgelehnt.

Um wieder zu Lebenssituationen außerhalb der Ehe oder der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zurückzukehren: Ausnahmsweise ist auch ein Verzicht des Erblassers auf den Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch angenommen worden, wenn etwa der Auftraggeber aufgrund langjähriger Vermögensverwaltung niemals Rechnungslegung verlangt hat. Ein ausdrücklicher Verzicht des Erblassers ist hingegen wiederum vom Bevollmächtigten darzulegen und zu beweisen.

Die Rechtsprechung zum Problemkreis bietet jedenfalls Anlass die obige Empfehlung zu beherzigen und Beweise zu sichern.

 

Alexander Doll

Fachanwalt für Erbrecht

 

Karlsruhe