Die Restschuldbefreiung kann für Insolvenzverfahren, die ab dem 01.10.2020 beantragt werden, künftig regelmäßig bereits nach drei Jahren erlangt werden.

Am 17. Dezember 2020 hat der Bundestag, neben der Schaffung eines präventiven Restrukturierungsrahmens für Unternehmen [LINK], auch weitreichende Änderungen zur Insolvenz natürlicher Personen auf den Weg gebracht. Nach einigem Hin und Her im Gesetzgebungsverfahren wurde nun die bereits lang erwartete Reform der Restschuldbefreiung beschlossen. Die hier zentralen §§ 287 und 300 InsO n. F. sehen künftig vor, dass die Restschuldbefreiung nach drei Jahren anstelle der bisher regulär vorgesehenen sechs Jahre erfolgt.

 

Die Verkürzung der Wohlfahrtsperiode auf drei Jahre stellt für den insolventen Schuldner nun die Regel dar. Nach der bisherigen Rechtslage war eine vorzeitige Erlangung der Restschuldbefreiung gemäß § 300 Abs. 1 Nr. 2 InsO nur möglich, wenn der Schuldner mindestens 35 % seiner Schulden an die Gläubiger zurückgezahlt hatte. Hierauf kommt es mit der Neufassung der Norm künftig nicht mehr an. Ferner ist vorgesehen, dass wenn keine Forderungen im Insolvenzverfahren angemeldet wurden, die Insolvenzforderungen befriedigt wurden und der Schuldner die Kosten des Verfahrens sowie die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt hat, die Restschuldbefreiung auf Antrag des Schuldners auch schon vor Ablauf der nun regulär vorgesehenen Dreijahresfrist erteilt werden kann.

 

Insofern besteht nun Übereinstimmung mit der zugrundeliegenden und umzusetzen EU-Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz (EU) 2019/1023, die die Verfügbarkeit mindestens eines Verfahrens vorsieht, durch die Unternehmer volle Entschuldung nach spätestens drei Jahren erreichen können. Ein unmittelbarer Zusammenhang zur Eindämmung wirtschaftlicher Folgen der Covid-19-Pandemie besteht somit nicht, wenngleich der leichteren Zugang zu einem wirtschaftlichen Neuanfang vor diesem Hintergrund gleichwohl geboten und zweckmäßig erscheint.

 

Flankierend wurde weiter neu geregelt, dass gemäß § 300 Abs. 4 InsO n. F.  Tätigkeitsverbote, die allein aufgrund der Insolvenz ergangen sind, zukünftig mit der Restschuldbefreiung aufgehoben werden. Verschärfungen wurden hingegen hinsichtlich eines wiederholt angestrebten Restschuldbefreiungsverfahrens aufgenommen. So wurde die Sperrfrist für ein zweites Verfahren von zehn auf elf Jahre erhöht. Ebenso ist dann eine Wohlverhaltensperiode von fünf Jahren vorgesehen. Eine im Gesetzgebungsverfahrens diskutierte Klarstellung hinsichtlich der Speicherungsdauer der erteilten Restschuldbefreiung bei Auskunfteien wie der SCHUFA, wurde hingegen nicht übernommen. Die Problematik zum Datenschutz in diesem Zusammenhang bleibt somit zunächst bestehen. Hinsichtlich der Übergangsvorschriften ist relevant, dass rückwirkend für Insolvenzanträge ab dem 17. Dezember 2019 eine schrittweise Anpassung der Abtretungsfrist vorgesehen ist, die von den bekannten sechs Jahren auf die ab dem 01.Oktober 2020 geltenden drei Jahre überleitet. Folglich können sämtlich Schuldner, die einen Antrag im Laufe des Jahres 2020 gestellt haben, in abgestufter Weise rückwirkend von der Reform profitieren.

 

Karlsruhe, 23.12.2020

Stephan Pap

Rechtsanwalt

 

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