Bundessozialgericht: Keine Beendigung des sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bei vereinbarter unwiderruflicher Freistellung eines Arbeitnehmers

In einer Besprechung am 05./06.07.2005 hatten die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger beschlossen, ab sofort bei einer zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbarten unwiderruflichen Freistellung eine Beendigung des sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses anzunehmen. Dies konnte gerade auch im Hinblick auf die Arbeitslosen- oder Rentenversicherung erhebliche Nachteile für den Arbeitnehmer haben.

Ihre Auffassung begründeten die Spitzenverbände damit, dass nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nur dann vorliege, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft gegen die vereinbarte Vergütung zur Verfügung stelle und andererseits der Arbeitgeber sein Weisungsrecht rechtlich und tatsächlich ausübe. Sobald die Arbeitsvertragsparteien aber eine unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers vereinbarten, fehle es an dieser zweiseitigen Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dem stehe nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist Vergütung erhalte.

Mit Urteil vom 24.09.2008, Az: B 12 KR 27/07 R hat das Bundessozialgericht nun demgegenüber klargestellt, dass das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis im beitragsrechtlichen Sinn auch bei einer einvernehmlichen unwiderruflichen Freistellung von der Arbeitsleistung nicht entfällt, solange Arbeitsentgelt bezahlt wird und ein Arbeitsverhältnis besteht. Der Begriff der Beschäftigung setze zunächst voraus, dass ein Rechtsverhältnis wie z.B. ein Arbeitsverhältnis vorliege, das die Erbringung von Arbeit in persönlicher Abhängigkeit zum Inhalt habe. Weiter sei erforderlich, dass dieses Rechtsverhältnis auch vollzogen werde. Von einem derartigen „Vollzug“ sei nicht nur bei tatsächlicher Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung auszugehen, sondern eben auch bei Zahlung der vertragsgemäßen Vergütung.

Bezüglich des Begriffs des Beschäftigungsverhältnisses im leistungsrechtlichen Sinne nach §§ 119, 144 SGB III hatte das Bundessozialgericht mit Urteil vom 25.04.2002 - B 11 AL 65/01- noch ausgeführt: „Die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe beginnt mit der durch die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses herbeigeführten Beschäftigungslosigkeit; die weiteren Merkmale der Arbeitslosigkeit als Leistungsvoraussetzung (Verfügbarkeit, Beschäftigungssuche) und Leistungsbezug sind nicht erforderlich.“ Die Arbeitsämter haben demgegenüber aber nun im Sinne des Urteils des Bundessozialgerichts vom 24.09.2008 mit der Aktualisierung der „Durchführungsanweisung § 144 SGB III - Ruhen des Anspruchs bei Sperrzeit“ (Stand Dezember 2008) eine Ergänzung eingefügt, wonach bei einer einvernehmlichen Freistellung das fristgemäße Ende des Arbeitsverhältnisses maßgebend ist, wenn bis dahin Arbeitsentgelt gezahlt worden ist.

Anmerkung: Dieser Beitrag beruht auf dem Terminsbericht des Bundessozialgerichts Nr. 47/08 vom 24.09.2008

Karen Fiege
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Karlsruhe