Beweisvereitelung durch die Verletzung von Buchführungspflichten

Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 24.01.2012 -II ZR 119/10 - seine Rechtsprechung zu den Grundsätzen der Beweisvereitelung Im Haftungsprozess gegen Leitungsorgane noch einmal konkretisiert.

Im vorliegenden Fall ging es um die Darlegung einer Zahlungsunfähigkeit von Seiten eines Gläubigers bei Inanspruchnahme des Geschäftsführers wegen Insolvenzverschleppung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 64 Abs. 1 GmbHG (nun: § 15 a InsO). Zu beweisen war, ob bekannte Verbindlichkeiten zum Stichtag des Vertragsschlusses und der Leistungserbringung aus diesem Vertrag, die letztlich nicht bezahlt wurden, fällig waren oder nicht. Die Gläubigerin konnte dies nicht dartun, weil ihr weitere Erkenntnisse fehlten. Allerdings konnte dargelegt werden, dass der Geschäftsführer die ihm obliegende Pflicht zur Führung und Aufbewahrung von Büchern und Belegen nach den §§ 238, 257 HGB, § 41 GmbH Gesetz verletzt hatte.

Der Geschäftsführer ist dazu verpflichtet, die empfangenen Handelsbriefe und die Abschriften der abgesandten Handelsbriefe, sowie Buchungsbelege wie Rechnung und Quittung aufzubewahren. Durch Einsichtnahme oder Vorlageverpflichtung im Prozess hätte die Gläubigerin entsprechenden Vortrag zur Fälligkeit der Forderung halten können. Da diese Pflichten verletzt wurden, galt laut BGH, wie schon im Urteil vom 12.03.2007 - II ZR 315/05 -, der Beweis der Darlegung der Zahlungsunfähigkeit als vereitelt und somit die Zahlungseinstellung zu dem behaupteten Zeitpunkt als bewiesen. Die Gläubigerin sei grundsätzlich auch nicht darauf zu verweisen, die anderen bekannten Gläubiger hinsichtlich der Fälligkeitszeitpunkte ihrer Forderungen oder etwaiger Stundungen zu befragen, da insoweit auch gar kein Auskunftsrecht besteht.

Damit ist sowohl für die Überschuldung, als auch für die Zahlungsunfähigkeit klargestellt worden, dass die Verletzung der Buchführungspflichten, die eigentlich ja nur handelsrechtlich wirken, auch im Haftungsprozess gegen die Leitungsorgane sanktioniert wird. Der Geschäftsführer soll sich nicht einer persönlichen Haftung durch Unterdrückung oder Vernichtung von Geschäftsunterlagen entziehen können.

Diese Entscheidung wird sicherlich auch im Insolvenzanfechtungsrecht eine Rolle spielen, ebenso wie bei allen anderen Fallgestaltungen einer persönlichen Inanspruchnahme von Organen oder Gesellschaftern bei Führungslosigkeit der Gesellschaft.

 

Christian Schlemmer

Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

Karlsruhe

 

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