Auskunftsverlangen von Betriebsräten
In der betrieblichen Praxis kommt es immer wieder vor, dass Betriebsräte an die Geschäftsleitung herantreten und - unter Hinweis auf § 80 Abs. 2 S. 1 u. 2 BetrVG - umfängliche Auskunft zu bestimmten "Themen" verlangen und häufig auch die Vorlage aussagekräftiger Unterlagen dazu fordern.
Auch wenn in den gängigen Kommentaren immer wieder betont wird, dass ein solches Auskunftsverlangen keinen konkreten Anlass braucht, war das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer jüngeren Entscheidung (BAG v. 20.03.18, 1 ABR 15/17) zu dem Ergebnis gekommen, dass im konkreten Fall ein solcher Anspruch nicht bestand.
Der Betriebsrat hatte in dem entschiedenen Fall die Erteilung von Auskünften bei der Zuteilung von Aktenoptionen und Nachzugsaktien gefordert, die von dem herrschenden (Konzern-)Unternehmen den Mitarbeitern gewährt worden waren, und zwar mit Hinweis darauf, dass er prüfen wolle, ob die Grundsätze der Lohngerechtigkeit bei der Zuteilung der Aktien gewahrt seien und ob ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bestünde.
Das Begehren des Betriebsrats erschien hier zunächst einmal nicht völlig abwegig. Im Ergebnis war ihm vom BAG jedoch eine Absage erteilt worden.
Nach § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Anspruchsvoraussetzung ist damit zum einen, dass überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben ist, und zum anderen, dass im Einzelfall die begehrte Information zur Wahrnehmung dieser Aufgabe erforderlich ist. Beides hat der Betriebsrat schlüssig darzulegen.
Daran fehlte es dem BAG aber im konkreten Fall. Der Betriebsrat hatte lediglich wissen lassen, dass die Auskünfte "für seine Zwecke…dienlich" seien. Damit lag bereits keine notwendige Darlegung vor, für welche konkrete Aufgabe i. S. d. § 80 Abs. 1 BetrVG er die Auskünfte benötigt. Das Landesarbeitsgericht hatte insoweit aber noch zu Gunsten des Betriebsrats angenommen, dass es diesem um die Überwachung des Verhaltens der Konzernobergesellschaft gegenüber den aktenoptionsberechtigten Arbeitnehmern im Betrieb der beklagten Arbeitgeberin gehe, und das Gremium die Einhaltung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nach § 75 BetrVG überprüfen wolle.
Das BAG sah dies allerdings anders und monierte, dass es schon an einem nachvollziehbaren Vortrag des Betriebsrats hierzu fehlt. Selbst wenn - einmal unterstellt - der Betriebsrat sein Begehren aber so gemeint haben sollte, scheidet ein Auskunftsanspruch trotzdem aus, da es nicht die beklagte Arbeitgeberin, sondern das herrschende (Konzern-)Unternehmen war, das Aktienoptionen/Nachzugsaktien für berechtigte Arbeitnehmer im Betrieb gewährte. Damit hat der Betriebsrat nach Auffassung des BAG schon nicht dargetan, dass sich sein Auskunftsverlangen auf ein Verhalten der beklagten Arbeitgeberin bezieht, die durch ihr Verhalten möglicherweise gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen haben könnte.
Eine darüber hinaus gehende, umfassende Überwachungspflicht der Arbeitgeberin, dass durch Maßnahmen des beherrschenden (Konzern-)Unternehmens bei der Zuteilung von Aktien der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt wird, folgt aus § 75 Abs. 1 BetrVG im Übrigen nicht. Die beklagte Arbeitgeberin ist ohne besonderen Anhaltspunkt nicht dazu verpflichtet, darüber zu wachen, dass der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz auch im Rahmen und bei Durchführung anderer Vertragsverhältnisse - hier der Zuteilung von Aktien durch das herrschende (Konzern-)Unternehmen - gewährt bleibt.
Deshalb scheiterte im konkreten Fall ein hierauf gerichtetes Auskunftsverlangen.
Bei Bestrebungen von Betriebsräten, Auskünfte und/oder Unterlagen von der Geschäftsleitung zu verlangen, lohnt es sich daher besonders, genauer hinzusehen und zunächst einmal (wenigstens) eine Darlegung zu verlangen, welche Informationen/Unterlagen für welche konkrete Aufgabe verlangt werden, bevor übereilt Auskunft erteilt wird.
Dr. Ingo Vollgraf
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht