Alle Jahre wieder: Asset Protection* - Betrachtungen zur Weihnacht - Ein Beitrag von Dr. Oliver Melber

*nach gängiger Definition: “Schutz von Vermögenswerten vor Haftung und einem sich daraus ergebenden Zugriff der Gläubiger mit dem Ziel, Vermögenswerte vor einem Verlust durch den Zugriff Dritter zu schützen.

 

Jahresende. Zwischen den Feiertagen endlich Zeit, sich auch einmal um die eigenen Belange zu kümmern. Manch ein gutbezahltes erfolgreiches Mitglied (m/w/d) einer Unternehmensleitung denkt in diesen Tagen endlich einmal an sich und seine Familie. Aber auch an die Risiken, die gerade in diesem „Corona“-Jahr aufgetreten sind oder zugenommen haben. Ja, natürlich, es gibt die D&O-Police. Ja, der Aufsichtsrat hat die Aufstockung der Haftungssummen bewilligt. Ja, natürlich, das Unternehmen arbeitet intensiver am Thema Compliance denn je. Und die Fortschritte in Sachen „zero-default“ sind ja auch nicht von schlechten Eltern … Beim Nachsinnen kommt dann manch solch einem Unternehmensleitungsmitglied – wir nennen es nachfolgend „CEO“ - in den Sinn, dass es sich – wann war das auch gleich wieder ..? – schon mehr als einmal hat beraten lassen. Belauschen wir zur Weihnacht doch einmal ein Feiertagsgespräch zwischen CEO und Lebenspartner*In:

 

„Wir hatten doch …“ – es ist der Sonntag nach den Weihnachtsfeiertagen, noch zur Frühstückszeit - „… diese eine Mappe – stand da nicht sogar ASSET PROTECTION drauf“? Taucht nach längerer oder kürzerer Suche, wie sie in nicht wenig Haushalten erfahrungsgemäß zwischen dem urlaubstäglich späten Frühstück und dem noch nicht fest geplanten Mittagessen stattfindet, eine solche Mappe auf, erinnert sich CEO zusammen mit Lebenspartner*In:

 

Konzepte mit diskret gegründeten Offshore-Gesellschaften (Karibik?) oder einem Gibraltar-Trust mit „underlying company“ (… gar nicht weit von Marbella!) fand man rasch obskur (der hinzugezogene Steuerberater hatte sofort den Kopf geschüttelt), und die Überlegung, dass eine Stiftung, rechtzeitig gegründet, auch helfen könne, das Familienvermögen vor dem Zugriff fremder Dritter zu schützen, die einmal gefährlich werdende Haftungsgläubiger werden könnten, hatte die Herzen auch nicht erwärmt, wenngleich der Steuerberater des CEO hierzu den Kopf nur leicht geschüttelt hatte. Er hatte im Sinne eines „was weg ist, ist weg“ erklärt, dass dies ein gründlich irreversibler Weg sei. Stiftung auflösen, wenn die Gefahr vorbei ist, und dann alles Vermögen daraus zurückholen? Viel Freude mit der dann eingreifenden Schenkungsteuerklasse IV und der daraus resultierenden Steuerlast …

 

Ja, und was war da dann noch? – Wir schauen dem gedachten häuslichen Gesprächs-Szenario weiter zu:

 

Anhand der Mappe erinnert man sich weiter, dass dann ja auch (der Steuerberater hatte eher wohlwollend genickt) diese eine „Schaukel“ genannt worden war, die kein Gartengerät war, oh nein, nämlich die von spielerisch-kreativ denkenden Beratern liebevoll so genannte Güterstandschaukel als ein Gestaltungsmodell für im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebende Paare. Es gibt sie ja sogar auch in einer großen Ausführung - und nicht nur etwa als Standardmodell. Auch die Funktionsweise war ja einigermaßen schnell erklärt und in der Beratungsmappe schnell wieder zu finden: Man ahme sozusagen den Fall der Beendigung des gesetzlichen Güterstandes durch Ehescheidung dadurch nach, dass man einen Notar aufsucht und – gut vorbereitet und durchgerechnet freilich – dort erklärt, man wolle den Güterstand beenden und künftig im Güterstand der Gütertrennung leben. Ergebnis: Durch diesen Wechsel im Güterstand wird zugunsten des Ehepartners mit dem geringen Haftungsrisiko eine Zugewinnausgleichsforderung gegen den Ehepartner mit dem potentiellen hohen „exposure“ generiert, die dann allerdings – Verträge sind ja zu erfüllen – auch wirklich vertragsgemäß ausgezahlt werden muss. Wirklich? Ja: Wirklich – ansonsten tritt der Bundesfinanzhof auf den Plan, der in einem solchen Fall keinen Spaß verstünde und den Ehepartnern ins Stammbuch schriebe, dass der nicht durchgeführte Teil eines solchen Zugewinnausgleichs eine Schenkung sei – und der Verzicht auf den Ausgleich erst recht. Ein CEO in dieser Lage schluckt ein weiteres Mal und denkt spontan an die Realität: Es ist nicht anders als bei der Gründung einer Stiftung und der Übertragung von Vermögen auf die Stiftung: Was weg ist weg … – nein, eigentlich ja nur woanders, beim Ehepartner, und der ist ja ganz nah. Und vertrauenswürdig. Und wenn mal etwas wäre… Es wird doch nicht gleich schlimm kommen. Gleichwohl hat sich CEO, der auf diese Weise ins Nachsinnen kommt, an die Botschaft des Beraters erinnern können: Die vollzogene Güterstandsschaukel ist vermögensmäßig nichts anderes wie der vermögensmäßige Zustand nach einer Ehescheidung, bei der die frisch „Getrennten“ ihr Zusammenleben trotz erkalteter Liebe mit neu geordneten getrennten Vermögensmassen fortsetzen. Erinnerlich war auch die Auskunft des Beraters, dass dann je nach den Verhältnissen ein Volumen bis maximal dem halben Vermögen zu übertragen ist, das in der Zeit seit Begründung der Ehe bis zum Notartermin erschaffen wurde. Nicht zwingend in bar, je nach Vereinbarung auch in Sachwerten, aber so viel könnte es dann schon werden. Nicht zu vergessen war auch: Wer hier „schummelt“ und nicht richtig rechnet, stolpert vielleicht wieder schenkungsteuerlich. Auch dazu – unser CEO-Protagonist mitsamt Lebenspartner*In hatten, derweil wir hier weiter zuhören, nach dem späten Frühstück das Mittagessen schon vergessen – fand sich natürlich ein Hinweis in der schönen Mappe mit dem Titel ASSET PROTECTION.

 

Nach dem auf den frühen Nachmittag verlegten späten Mittagsimbiss setzt sich dann die hier beschriebene Diskussion unseres belauschten Paares fort. „Sag mal, das Ding mit der Lebensversicherung ….“ Natürlich wurde rasch erkannt, dass man auch längst zum Sujet der in- oder ausländischen Lebensversicherungen beraten worden war (besonders erinnerlich: die fast an Schüttelfrost erinnernde Reaktion des Steuerberaters an den Versicherungsmantel nach Liechtensteinischem Recht) und dass man sich an den niedrigen Erträgnissen in der Eurozone gestört hatte. In der Mappe mit dem Titel ASSET PROTECTION fand sich schließlich noch – längst war der Kaminfeuer entzündet worden – der Hinweis auf die Möglichkeit, das Familienheim schenkungsteuerneutral nach Paragraf 13 Absatz 1 Nr. 4a ErbStG auf den Ehepartner zu übertragen. Das wäre doch mal etwas! Ein gelber Heftzettel in der Mappe signalisierte, dass der Steuerberater beide Daumen nach oben gerichtet hatte. Unseres CEO Lebenspartner*In lächelte schon vieldeutig, als CEO fragte, ob man, derweil die sämtlichen anderen Konzepte so schwierig und dornenreich erschiene, nicht wenigstens das versuchen solle: „Lass uns gleich im Januar zum Notar gehen.“

 

Im Fernsehen lief – wie häufig zur Weihnachtszeit – die Verfilmung von Erich Kästner’s „Drei Männer im Schnee“ und davon schon die Schluss-Szene. Die eine Hauptfigur des Films, der sehr vermögende Geheimrat Schlüter, der im Kreise seiner Familie angekündigt hatte, dasjenige Grandhotel in den Bergen zu kaufen, in welchem er sich jüngst als Gast schlecht behandelt fühlte, stand in seinem Salonzimmer, den Telefonhörer in der Hand, hielt inne, als er zuhörte, und schüttete sich dann vor Lachen aus: „Es geht nicht – ich kann es nicht kaufen: Weil es mir schon gehört!!“

 

„Siehst Du:“ – sagte Lebenspartner*In zu unserem CEO - „Das ist wie bei uns. Das Haus gehört doch schon mir.“

 

Geheimrat Schlüter wusste es vielleicht auch schon: Asset Protection ist ein wirklich schwieriges Thema. Die Erfahrung lehrt, dass der wahrscheinlich richtigste Ansatz in der Durchführung eines Maßnahmenkatalogs liegt, bei dem – nicht anders als sonst bei der Portfolio-Anlage – die Chancen und Risiken richtig gemischt sind. Dabei dürften so gut wie alle „diskreten“ Gestaltungen von gestern und vorgestern aufgrund  vielfältiger Wandlungen in Sachen wirtschaftlicher Transparenz endgültig obsolet geworden sein.

 

Gar nicht so häufig beschrieben wird dagegen ein eigentlich einfacher und lebenspraktischer Weg. Er hat mit Großzügigkeit und Schenken zu tun – ein Gedanke, der gerade zur Weihnachtszeit nicht  fern liegen sollte: Wer als Top-Verdiener als Unterhalt für Ehepartner und Kinder wahrlich großzügig zahlt, ohne dass stets und immer alles verbraucht wird, überträgt Monat um Monat, Jahr für Jahr gleichsam „werdendes“ Vermögen – und wird dabei sicher viel weniger (von wem auch immer) hinterfragt als bei aufwändig konzipierten Gestaltungsmodellen. Werden die transferierten Mittel, in die richtigen Hände gelegt – auch und gerade zugunsten von Minderjährigen –, können sie zu einem frühzeitigen und kaum angreifbaren Aufbau von eigenem Vermögen der Familienangehörigen führen. Wenn besondere Anlässe Grund dafür sind, dem Lebenszuschnitt entsprechende großzügige Gelegenheitsgeschenke zu machen, kann dies – in behutsamen Schritten freilich – die Verwirklichung eines Konzeptes der Asset Protection im Kleinen sein. Vorausgesetzt, das Geld wird danach bei den richtigen Adressen klug angelegt. Es muss vielleicht ja nicht gleich der Kauf des Grandhotels in den Bergen sein.

 

 

 

Tätigkeitsfelder von Dr. Oliver Melber

  • Unternehmen und Unternehmer
  • Familie, Erbe und Vermögen
  • Internationales
  • Prozessführung und Schiedsgerichtsbarkeit