Haftung der Bank bei externer Vermögensverwaltung

 

Ein neuer Entscheid des Bundesgerichts (BGE 4A_369/2015 vom 25. April 2016) befasst sich wieder einmal mit der Haftung der Bank bei externer Vermögensverwaltung sowie mit der Vertrauenshaftung.

Zu beurteilen war folgender Sachverhalt: Die Vermögensverwalterin C AG schloss mit verschiedenen Kunden Verwaltungsverträge ab, wobei eine der Depotbanken die Bank B. war. Darüber hinaus wurden von der C AG auch Investitionen in Anlagefonds angeboten. Ein erster Anlagefonds, bei welcher die Bank B Depotbank war, musste nach bedeutenden Verlusten liquidiert werden. Ein zweiter Anlagefonds, bei welcher ebenfalls die Bank B Depotbank war, musste ebenfalls liquidiert werden, da nicht genügend Mittel in den Fonds flossen. Bei einem dritten Anlagefonds wollte die Bank B nicht mehr Depotbank sein, weil sie die komplexe Anlagestrategie nicht verstand und die Fondsdokumentation zudem Mängel aufgewiesen haben soll.

Die A Ltd (sowie deren wirtschaftlich Berechtigter Y) suchten nach Investitionsmöglichkeiten und trafen in diesem Zusammenhang Vertreter der C AG, welche Investitionen in den Anlagefonds anboten. Y verlangte von der C AG ein Empfehlungsschreiben von der Bank B. Die Bank B beschrieb daraufhin in einem Schreiben die Tätigkeit und Organisation der C AG, bestätigte die sehr gute Geschäftsbeziehung mit der C AG sowie die positive Entwicklung der Zusammenarbeit. Später begaben sich die Organe der C AG nach London, um Y zu treffen, wobei auf Wunsch von Y auch ein Mitarbeiter der Bank B anwesend war. Dieser Mitarbeiter erklärte gegenüber Y, dass die Bank B keine Aufgaben bei der Verwaltung des Anlagefonds übernommen habe. Nicht erwähnt wurde aber, dass die Bank B nicht als Depotbank dieses dritten Anlagefonds fungieren wollte. Im Anschluss an das Gespräch eröffnete die A Ltd eine Geschäftsbeziehung bei der Bank B und investierte in den Anlagefonds, zum Teil aus eigenen Mitteln der A Ltd, zum Teil aus Mitteln eines Lombardkredits, den die Bank B gewährte. Die A Ltd erlitt grosse Verluste.

Das erstinstanzliche Gericht in Genf hiess die Klage der A Ltd gegen die Bank B gut und verpflichtete die Bank B zur Zahlung von CHF 21 Mio. an die A Ltd, mit der Begründung, die Bank B habe ihre Informationspflichten verletzt. Die zweite Genfer Instanz hob das Urteil auf und wies die Klage ab. Sie führte aus, zwar habe ein Vertrauensverhältnis bestanden, doch habe es keine Umstände gegeben, welche gegenüber der A Ltd hätten offengelegt werden müssen, zumal die Zusammenarbeit zwischen der Bank B und der C AG gut war.

Das angerufene Bundesgericht hielt zunächst fest, dass grundsätzlich keine allgemeine Überwachungs- und Informationspflicht der Depotbank bestehe. Die Depotbank müsse bei einem externen Vermögensverwalter, welcher über weitgehende Vollmachten verfüge, weder den Kunden auf die erhöhten Risiken, die er eingeht, aufmerksam machen noch um dessen Einwilligung nachsuchen, bevor sie Aufträge des Vermögensverwalters ausführt.

Allerdings müsse die Depotbank den Kunden in Ausnahmefällen warnen. Ein solcher Ausnahmefall liege etwa vor, wenn sich zwischen der Bank und dem Kunden ein besonderes Vertrauensverhältnis entwickelt habe, aus welchem der Kunde nach Treu und Glauben auch unaufgefordert Beratung und Abmahnung erwarten dürfe.

In der vorliegenden Angelegenheit war – wie sich dem Bundesgerichtsentscheid entnehmen lässt – das Vorliegen eines besonderen Vertrauensverhältnisses nicht (mehr) bestritten. Zu beurteilen war deshalb, ob die Bank B über Informationen verfügte, die sie dem Kontoinhaber hätte mitteilen müssen. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde der A Ltd gut, wonach durch die Vorinstanz die Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung willkürlich erfolgt war. Das Bundesgericht beanstandete, dass die Vorinstanz gewisse Zeugenaussagen nicht berücksichtigt hätte. Der Fall wurde an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtsentscheid ist namentlich lesenswert, da er sich wieder einmal mit den Grundsätzen der Haftung der Depotbank bei externer Vermögensverwaltung sowie bei besonderem Vertrauensverhältnis befasst.

Dr. Beat Eisner