Bundesverfassungsgericht stärkt die Rechte biologischer Väter

Gegenstand des heute veröffentlichten Urteils ist die Verfassungsbeschwerde des leiblichen Vaters eines Dreijährigen, dessen Anerkennung als rechtlicher Vater am restriktiven Vaterschaftsverständnis der familienrechtlichen Regelungen scheiterte.

Kindesvater und Kindesmutter hatten sich kurz nach der Geburt getrennt. Der leibliche Vater hatte sich neben der rechtlichen Anerkennung bereits unmittelbar nach der Trennung von der Kindesmutter um regelmäßigen Umgang bemüht.

Wenige Wochen später wandte sich die Kindesmutter einem neuen Partner zu, der sich als rechtlicher Vater anerkennen ließ. Gegen die Vaterschaftsanerkennung des neuen Vaters wandte sich der biologische Vater mit der Vaterschaftsanfechtung.

Diese scheiterte jedoch an § 1600 Abs. 3 BGB, der eine Vaterschaftsanfechtung dann nicht mehr zulässt, wenn „zum maßgeblichen Zeitpunkt“ eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater besteht.

Hiergegen wandte sich der Beschwerdeführer nun mit Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht gab seiner Verfassungsbeschwerde statt und stellte eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG fest. Maßgeblich aus Sicht des BVerfG war die konkrete Übernahme der Verantwortung als Elternteil. Soweit ein Elternteil eine solche Elternverantwortung innehabe, müsse es auch möglich sein die Verantwortung wahrzunehmen. Zugleich kritisierte das BVerfG den nach der derzeitigen Rechtslage möglichen „Wettlauf um die Vaterschaft“.

Insoweit handelt es sich bei der nunmehr ergangenen Entscheidung des BVerfG um familienrechtliches Neuland. Konkret bedeutet dies, dass eine Beschränkung des Elterngrundrechts auf zwei Elternteile rechtlich nicht zwingend ist und eine Anerkennung auch mehrerer Elternteile denkbar ist.

Aus Sicht des BVerfG besteht hierbei jedoch ein erheblicher Spielraum für den Gesetzgeber, der nunmehr bis 30. Juni 2025 Zeit hat, die bisherigen Regelungen anzupassen. Betroffenen rät das Gericht dazu in laufenden Verfahren vor dem Hintergrund der Neuregelungen Aussetzung zu beantragen

Unabhängig davon hat das Bundesjustizministerium bereits eine Reform des Abstammungs- und Kindschaftsrechts angekündigt.

Das Eckpunktepapier hierzu (BMJ - Pressemitteilungen - Modernisierung von Abstammungs- und Kindschaftsrecht: Bundesjustizminister Buschmann legt Eckpunkte vor) sieht bereits vor, dass eine sozial-familiäre Beziehung eine Vaterschaftsanfechtung nicht mehr kategorisch ausschließen soll. Maßgeblich solle in diesen Fällen eine Einzelfallbeurteilung sein.

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Tätigkeitsfelder von Kai Meyerding

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