Zinsen sind bei grundbuchrechtlicher Absicherung im Insolvenzverfahren vorrangig aus dem Erlös der Immobilie zu berichtigen

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.02.2011 (IX ZR 83/10) können auch die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehenden Zinsen und Kosten vorrangig aus dem Erlös der Verwertung von mit Absonderungsrechten behafteten Gegenständen befriedigt werden. Es gilt insoweit die Tilgungsreihenfolge des § 367 Abs. 1 BGB mangels anderweitiger Festlegung.

Im vorliegenden Fall hatte der Insolvenzverwalter eine Immobilie freihändig veräußert, die mit Grundschulden zugunsten der finanzierenden Bank belastet war. Der Insolvenzverwalter wollte den Verwertungserlös vorrangig auf die Hauptforderung und auf die bis zur Eröffnung angefallenen Zinsen anrechnen, jedoch nicht auf die seit der Eröffnung angefallenen Zinsen und Kosten. Vereinbarungen zur Tilgung waren zwischen den Parteien in den Verwertungsvereinbarungen nicht geschlossen worden.

Der Bundesgerichtshof hat hier die gesetzliche Regelung des § 367 BGB zur Anwendung gebracht, da sich weder aus den vertraglichen Absprachen, auch nicht mittels Auslegung, und auch aus den Vorschriften der Insolvenzordnung eine abweichende Tilgungsreihenfolge ergeben hat. Danach war eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung zu verrechnen, was zur Folge hat, dass die Ausfallforderung entsprechend höher ausfällt.

Werden also, wie in der Praxis häufig, mit Grundschulden belastete Immobilien im Insolvenzverfahren freihändig veräußert, so ist der Erlös zunächst auf die Kosten, dann auf die gesamten Zinsen und erst dann auf die Hauptforderung zu verrechnen, sofern keine anderweitigen Vereinbarungen getroffen werden. Es ist damit zu rechnen, dass die Insolvenzverwalter in der Zukunft verstärkt auf eine solche vom Gesetz abweichende Tilgungsreihenfolge achten werden, um insoweit die Masse zu schonen. Grundbuchrechtlich gesicherten Gläubigern bleibt daher nur der Verweis auf die bestehende Gesetzeslage und auf die Ablehnung einer solchen gesonderten Vereinbarung einer Tilgungsreihenfolge.

Für die Praxis kann dies sehr relevant werden, gerade wenn eine Immobilie erst Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens veräußert wird und entsprechend hohe Zinsen angelaufen sind und aus der Masse zumindest eine gewisse Quote gezahlt wird. Dann ist es sicherlich hilfreich, wenn die Ausfallforderung noch höher ist und ein entsprechender höherer Betrag auch noch aus der Insolvenzquote gezahlt wird. Insoweit ist dann etwa auch darauf zu achten, dass eine Verjährung für diese Zinsforderungen nicht eintritt. Insoweit sind bei der Forderungsanmeldung trotz Nachrangigkeit gem. § 93 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO auch die Kosten und Zinsen seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens anzumelden, um durch die Forderungsanmeldung die Verjährung zu unterbrechen.

Christian Schlemmer

 

Rechtsanwalt

Karlsruhe