Videoüberwachung am Arbeitsplatz - Zulässigkeit und Beweisverwertungsverbot

In vielen Betrieben werden die Arbeitsplätze, Lagerbereiche oder sogar Umkleideräume vom Arbeitgeber mittels Videokamera überwacht. Diese Überwachung ist teilweise nur punktuell in einzelnen Bereichen, zeitlich befristet und wegen bestimmter Vorfälle angeordnet, es gibt aber auch dauerhafte Kontrollen, die noch nicht einmal öffentlich gemacht werden. Oftmals ist eine versteckte Videoüberwachung für Arbeitgeber allerdings der einzige Weg Eigentums- und Vermögensdelikte durch die Mitarbeiter oder fremde Dritte aufzudecken und entsprechend gerichtsfeste Beweise zu erhalten.

Allerdings besteht beim Einsatz von solchen Mitteln ein erhebliches Konfliktpotential mit den Persönlichkeitsrechten der überwachten Personen, den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetz sowie des Betriebsverfassungsgesetzes. Ist festzustellen, dass eine Videoüberwachung aus einem dieser Gründe nicht zulässig ist, stellt sich zusätzlich die Frage, ob die gewonnenen Beweise trotzdem vom Arbeitgeber im arbeits- oder zivilgerichtlichen Prozess oder von der Staatsanwaltschaft verwertbar sind.

Für die Betrachtung der Zulässigkeit einer Videoüberwachung ist zunächst § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu beachten, wonach dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht gewährt wird, sofern technische Anlagen eingeführt und angewendet werden, mit denen das Verhalten oder die Leistung der Mitarbeiter überwacht werden können. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass ein Verstoß gegen die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nicht zu einem Beweisverwertungsverbot führt (vgl. BAG 2 AZR 537/06). Dennoch sind diese Beteiligungsrechte zu beachten, denn der Betriebsrat hat gegebenenfalls einen Unterlassungsanspruch.

Für die Frage, ob datenschutzrechtliche Vorschriften oder das Persönlichkeitsrecht der überwachten Mitarbeiter verletzt ist, kommt es im Rahmen der notwendigen Interessenabwägung immer auf die Intensität des Eingriffs an.

Bei einer öffentlich zugänglicher Räume ist gemäß § 6 b Abs. 2 BDSG durch geeignete Maßnahmen der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle erkennbar zu machen. Bei einer solchen offenen Überwachung entsteht in der Regel kein Beweisverwertungsverbot.

Bei der Beurteilung einer Videoüberwachung sind im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit und der Interessenabwägung weitere Kriterien in Betracht zu ziehen. Es ist zu bewerten, in welchem räumlichen Umfang die Überwachung stattfindet, ob sie auf einen Personenkreis beschränkt ist und ob sie zeitlich eingeschränkt ist. Schließlich ist ebenfalls zu berücksichtigen, ob ein konkreter Anlass für eine solche Überwachung bestand oder nicht.

Bei Nichtbeachtung kann sich ein Verstoß des Arbeitgebers gegen die gesetzlichen Vorgaben aus den §§ 6 b Abs. 1 analog, 32 BDSG ergeben, der das durch Artikel 2 Abs. 1 GG i.V.m. Artikel 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers verletzt. Ein solcher Verstoß kann dann auch zu einem Beweisverwertungsverbot führen.

 

Grundsätzlich ist es jedoch nicht so, dass im Falle einer rechtsfehlerhaften Beweiserhebung die Verwertung der gewonnenen Beweise stets unzulässig wäre (BVerfG 2 BvR 2115/01). Ein Beweisverwertungsverbot wird jedoch geboten sein, wenn schwerwiegende, bewusste oder willkürliche Verfahrensverstöße begangen werden, bei denen die grundrechtlichen Sicherungen planmäßig und systematisch missachtet werden (BVerfG 2 BvR 1027/02). Ein absolutes Beweisverwertungsverbot unmittelbar aus den Grundrechten ist immer festzustellen, wenn der absolute Kernbereich der privaten Lebensgestaltung berührt ist (BVerfG 1 BvR 2378/98).

In der Regel wird eine Überwachung am Arbeitsplatz, sofern nicht Umkleideräume oder Aufenthaltsräume überwacht werden, kein Eingriff in den Privat- oder Intimbereich der einzelnen Arbeitnehmer bedeuten und somit ist nicht der absolut geschützte Kernbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen. Auch ein Eingriff in die sog. Sozialsphäre des Arbeitnehmers kann aber eine Unzulässigkeit zur Folge haben, wenn sie zeitlich durchgehend, heimlich und über einen unbestimmten oder sehr langen Zeitraum durchgeführt wird. Es sind die Interessen des Arbeitgebers an der Aufklärung von Straftaten und gegen die Interessen der betroffenen Mitarbeiter an der Wahrung ihrer Sozialsphäre gegeneinander abzuwägen. Ein überwiegendes Interesse für den Arbeitgeber damit eine Rechtfertigung des Eingriffs gibt es in der Regel nur, wenn ein konkreter Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung besteht und alle weniger einschneidenden Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts ausgeschöpft sind. Eine offene Beobachtung ist zwar in der Regel ein milderes, aber ein oft nicht effektives Mittel.

Wenn die heimliche Videoüberwachung somit das einzig verbleibende Mittel darstellt, um für einen begrenzten Mitarbeiterkreis ein anderweitig nicht aufzuklärenden Verdacht zu erhärten, so kann auch eine heimliche und zeitlich begrenzte Videoüberwachung am Arbeitsplatz verwertbar sein, wenn konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer Straftat vorliegen, um einen eingrenzbaren Kreis von Verdächtigen zu überwachen.

Christian Schlemmer

 

Rechtsanwalt

Karlsruhe