Auswirkungen auf Mietverhältnis über Gewerberaum in der Coronakrise - der neue Gesetzentwurf

Laut Gesetzentwurf des Bundeskabinetts vom 23.03.2020 (zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht) ist vorgesehen, dass eine vermieterseitige Kündigung aufgrund von im Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 aufgelaufener Mietrückstände nicht möglich sein soll, wenn der Mieter glaubhaft macht, dass er infolge der Covid-19-Pandemie zeitweise keine Miete bezahlen kann.

Die Glaubhaftmachung kann durch Unterlagen (z.B. behördliche Untersagungsverfügung, BWA etc.) und notfalls durch eidesstattliche Versicherung erfolgen. Der Gesetzentwurf gewährt somit unter bestimmten Voraussetzungen einen temporären Kündigungsschutz (ähnlich der gesetzlichen Kündigungssperre im Insolvenzfall). Offen bleibt die Frage, ob mit diesem Gesetz der Weg für eine Anpassung (Reduzierung) der Miete verschlossen wird. So sieht die vorläufige Begründung vor, dass der Mieter weiterhin zur fristgerechten Zahlung verpflichtet bleibt, auch wenn er im Krisenzeitraum nicht über die finanziellen Mittel verfügt. Laut Gesetzesentwurf sind die Rückstände bis 30.6.2022 auszugleichen, wobei die Mietrückstände mit dem gesetzlichen Verzugszins (9 % bzw. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz) zu verzinsen sind. Nach dem 30.06.2022 verbleibende Rückstände berechtigen wieder zur Kündigung.

Einigkeit besteht darüber, dass krisenbedingte Umsatzausfälle keinen Mangel der Mietsache darstellen, sodass eine Mietminderung gemäß § 536 Abs. 1 BGB ausscheidet. Es bleibt die Frage, ob neben der beabsichtigten gesetzlichen Regelung die Anwendbarkeit des §§ 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) bestehen bleibt oder aber (de facto) ausgeschlossen wird. Gegen die Ausschließlichkeit sprechen die unterschiedlichen Regelungsbereiche (Kündigungssperre versus Miethöhe) als auch der Umstand, dass einmal erlittene Umsatzeinbußen zu einem späteren Zeitpunkt kaum kompensiert werden können, das Verwendungsrisiko also trotz des Ausnahmezustandes vollständig in der Mietersphäre bliebe (wenngleich temporär das Vermieterrecht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aufgehoben wird). Für die Nichtanwendbarkeit des § 313 BGB spricht, dass durch intendierte gesetzliche Regelung die Zumutbarkeitsgrenze i.S. des § 313 BGB von vornherein als nicht überschritten betrachtet werden könnte, der Mieter also den Vertrag deswegen vollständig zu erfüllen hat, weil ihm durch die Kündigungssperre die Chance eröffnet wird, die vertraglich geschuldete Miete zu einem späteren Zeitpunkt nachzuentrichten.

Mit anderen Worten: Die Kündigungssperre könnte bei der Subsumtion des gesetzlichen Tatbestandes gem. § 313 Abs. 1 BGB eine erhebliche Rolle spielen. Es bleibt daher die Empfehlung aufrechterhalten, eine einvernehmliche Lösung zwischen beiden Vertragsparteien herbeizuführen, wobei unbedingt auf die Schriftform (förmlicher Nachtrag) zu achten ist, um nicht nachträglich das beidseitige Recht zur ordentlichen Kündigung zu eröffnen.

 

Karlsruhe 24.03.2020

Stefan Flaig
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank-und Kapitalmarktrecht
Fachanwalt für Familienrecht

 

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