Neuregelung der Arbeitnehmerüberlassung

Am 24.03.2011 verabschiedete der Bundestag das „Erste Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Gesetz zur Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung“ (Drucksache 847/10), welches am 01.12.2011 bzw. am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten soll. Das Gesetz sieht Änderungen im Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung vor. Kernstück der Reform sind vier Änderungen:

1. Erstreckung der Erlaubnispflicht

Bisher war vom Anwendungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) nur die gewerbsmäßige Überlassung erfasst und somit erlaubnispflichtig nach § 1 Abs. 1. Infolge der Umsetzung der Europarichtlinie 2008/104/EG (Leiharbeitsrichtlinie), welche bis zum 5.12.2011 umzusetzen ist, wird nun jede Überlassung von Arbeitnehmern, die der Arbeitgeber im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit ausübt, erlaubnispflichtig. Vornehmlicher Zweck der Neuregelung ist die Einbeziehung auch konzerninterner Personaldienstleistungsgesellschaften.

2. Verbot des Dauerverleihs

Nach dem alten AÜG war eine längerfristige und dauerhafte Überlassung von Arbeitnehmern möglich. Infolge der Umsetzung der Leiharbeitsrichtlinie definiert der Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG nun die Arbeitnehmerüberlassung als nur vorübergehende Überlassung von Arbeitnehmern. Eine Konkretisierung des Begriffes „vorübergehend“ bleibt mangels Definition der Rechtsprechung und Praxis überlassen. Jedenfalls ist eine dauerhafte Überlassung künftig nicht mehr möglich.

3. Verhinderung des „Drehtüreffekts“

Eine weitere wichtige Neuregelung stellt die Verhinderung des „Drehtüreffekts“ (Fall „Schlecker“) dar. In diesem Fall wird ein Arbeitnehmer trotz fortbestehenden Beschäftigungsbedarfs aus seinem Arbeitsverhältnis entlassen, um kurz darauf wieder als Leiharbeitnehmer auf seinen alten Arbeitsplatz zurückzukehren und dieselbe Arbeit zu deutlich schlechtern Bedingungen zu erbringen. Nach §§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 9 Nr. 2 AÜG (sog. Drehtürklausel) ist nun eine Abweichung vom Equal-Pay-Grundsatz nur möglich, wenn der eingesetzte Leiharbeitnehmer nicht zuvor beim gleichen Arbeitgeber bzw. im selben Konzern beschäftigt war und innerhalb der letzten sechs Monate aus diesem Arbeitsverhältnis ausschied. Wird in vertraglichen Regelungen hiervon abgewichen, sieht § 16 Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 AÜG die Möglichkeit einer Geldbuße von bis zu 25.000,- € vor.

4. Einführung einer Lohnuntergrenze

Im Rahmen der Verhandlungen des Vermittlungsausschusses wurde mit § 3 a AÜG eine Lohnuntergrenze aufgenommen. Diese darf gem. § 9 Nr. 2 AÜG auch nicht durch tarifvertragliche Vereinbarung bzw. arbeitsvertraglicher Bezugnahme unterschritten werden.

Im Falle der Unterschreitung sieht § 10 Abs. 4 AÜG als Rechtsfolge die Geltung des Equal-pay-Grundsatzes vor. Bei Verstoß handelt der Verleiher ordnungswidrig und kann mit einer Geldbuße von bis zu 25.000,- € gem. § 16 Abs. 1 Nr. 7a, Abs. 2 AÜG belastet werden.

5. sonstige Änderungen

Im Zuge der Umsetzung der Leiharbeitsrichtlinie wurden über die beschriebenen vier Änderungen hinaus weitere Änderungen vorgenommen, die im Folgenden kurz erläutert werden sollen.

a. Ausnahmen vom Anwendungsbereich, § 1 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 2 a AÜG

Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 2 a AÜG ist künftig die konzerninterne bzw. gelegentliche Überlassung von Arbeitnehmern vom Anwendungsbereich ausgenommen, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt wurde.

b. Streichung der Nichtgeltung für Arbeitslose

Darüber hinaus wird nun in § 9 Nr. 2 AÜG die Nichtgeltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für Arbeitslose, die bisher für die Dauer von bis zu sechs Wochen zu einem Entgelt in Höhe des Arbeitslosenentgelts eingestellt werden konnten, gestrichen.

c. Unwirksamkeit von Vermittlungsprovisionen, § 9 Nr. 5 AÜG

Nach § 9 Nr. 5 AÜG sind Vereinbarungen unwirksam, „nach denen der Leiharbeitnehmer eine Vermittlungsvergütung an den Verleiher zu zahlen hat.“

d. Informationspflicht über freie Stellen, § 13 a AÜG

Der Entleiher hat künftig gemäß § 13 a AÜG den Leiharbeitnehmer über freie Stellen in seinem Betrieb bzw. Konzern zu informieren. Bei Verstoß gegen die Informationspflicht droht dem Entleiher gem. § 16 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 2 AÜG eine Geldbuße von bis zu 2.500,- €.

e. Freier Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen, § 13 b AÜG

Schließlich wurde § 13 b AÜG neu eingeführt, wonach der Entleiher dem Leiharbeitnehmer freien Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen im Entleihunternehmen zu gewähren hat, es sei denn eine unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.

Gewährt der Entleiher keinen entsprechenden Zugang, handelt er ordnungswidrig.

Christian Schlemmer

 

Rechtsanwalt

Karlsruhe