Inhaltliche Weitergeltung des § 55 BAT bei der Kündigung unkündbarer Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst?

Nach § 55 Abs. 1 BAT konnte einem unkündbaren Angestellten nur aus in seiner Person oder in seinem Verhalten liegenden Gründen fristlos gekündigt werden. Andere wichtige Gründe, insbesondere dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Angestellten entgegen standen, berechtigten gemäß § 55 Abs. 2 BAT nicht zur Kündigung. In diesen Fällen konnte der Arbeitgeber nur das Arbeitsverhältnis zum Zwecke der Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe kündigen, wenn eine Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Vertragsbedingungen aus dienstlichen Gründen nachweislich nicht möglich war.

Diese Regelungen hat der neu eingeführte Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) nicht übernommen. Nach § 34 Abs. 2 Satz 1 TVöD können Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben und für die die Regelungen des Tarifgebiets West Anwendung finden, nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren aus wichtigem Grund gekündigt werden. Weitere Einschränkungen insbesondere bezüglich der Kündigungsgründe gibt es dabei nicht. Nur soweit ein Beschäftigter nach den bis zum 30. September 2005 geltenden Regelungen unkündbar war, regelt § 34 Abs. 2 Satz 2 TVöD folgendes: „Soweit Beschäftigte nach den bis zum 30.09.2005 geltenden Tarifregelungen unkündbar waren, verbleibt es dabei“.

Damit stellt sich die Frage, ob die Regelung des § 55 BAT für diejenigen Mitarbeiter, die am 30.09.2005 schon unkündbar waren, weiter gilt. Damit wäre bei solchen Arbeitnehmern eine fristlose Kündigung weiterhin nur aus in der Person oder in dem Verhalten liegenden Gründen möglich.

Mit dieser Rechtsfrage hat sich das LAG Schleswig Holstein mit dem vor kurzem veröffentlichten Urteil vom 04.09.2007, 5 Sa 61/07 befasst und im Leitsatz folgendes mitgeteilt:

„§ 34 Abs. 2 Satz 2 TVöD beinhaltet lediglich eine Besitzstandswahrung im Hinblick auf die bereits (…) erreichte tarifliche Unkündbarkeit. Die in § 55 Abs. 2 BAT geregelten Kündigungsmodalitäten finden keine Anwendung mehr. Vielmehr richtet sich die Wirksamkeit einer gegenüber einem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 TVöD nur noch nach den zu § 626 BGB entwickelten Grundsätzen.“

Danach wäre nun auch bei unkündbaren Mitarbeitern im öffentlichen Dienst entgegen der alten Regelung des BAT eine fristlose Kündigung aus betriebsbedingten Gründen möglich.

Gegen das Urteil des LAG wurde Revision zum BAG unter dem Aktenzeichen 2 AZR 757/07 eingelegt.