Eingeschränkte Anfechtbarkeit von zukünftig entstehendem oder werthaltig gemachten Forderungen aus erweitertem und verlängertem Eigentumsvorbehalt

Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung vom 17.03.2011 (IX ZR 63/10) seine Rechtsprechung zur Anfechtung von Globalzessionen vom 29.11.2007 (IX ZR 30/07), (vergleiche auch Artikel vom 29.11.2007 in dieser Rubrik), fortgeführt und ergänzt. Danach sind erweiterte und verlängerte Eigentumsvorbehalte hinsichtlich der abgetretenen zukünftig entstehenden oder zukünftig werthaltig gemachten Forderungen grundsätzlich nur als kongruente Deckung anfechtbar.

Dieses Ergebnis folgt aus einem Vergleich mit der Globalzession, denn beim verlängerten Eigentumsvorbehalt ist die Zusammensetzung der in Bezug genommenen Forderungen dem Belieben des Schuldners noch stärker entzogen. Es wird ständig Kredit in Form von laufender Lieferung kreditierter Ware neu ausgereicht. Die Geschäftsbeziehung zwischen Gläubiger und Sicherungsnehmer beruht gerade auf der laufenden Weiterveräußerung der Ware des Gläubigers.

Diese Argumentation gilt auch beim erweiterten Eigentumsvorbehalt in Form des Kontokorrentvorbehalts. Der Umfang der in Zukunft übergehenden Forderung ist in abstrakter Form hier rechtlich bindend festgelegt. Die abgetretenen Forderungen sind somit bestimmbar. Damit ist eine enge Auslegung des Begriffes der Inkongruenz auch bezogen auf die verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalte in unverdächtiger Zeit geboten, weil die in Sicherheiten der hier vereinbarten Art kein erhöhtes Mistrauen verdienen. Ebenso wie die Globalabtretung stellt der verlängerte und erweiterte Eigentumsvorbehalt im allgemeinen Geschäftsverkehr ein weitverbreitetes Sicherungsmittel dar. Es gibt insoweit keinen Unterschied zwischen einem Barkredit einer Bank oder einem Warenkredit eines Lieferanten. Um dieses Sicherungsmittel nicht vollständig zu entwerten, soll es dem Insolvenzverwalter in der Regel eben nicht gestattet sein, den Erwerb dieser Forderung generell nach § 131 InsO anzufechten.

Insoweit kann auch von einem Sicherheitentausch geredet werden, denn die abgetretene Forderung tritt an die Stelle des Warenwertes. Dies gilt auch für die vom Schuldner aufgeschlagenen Margen, denn der Lieferant, der unter Eigentumsvorbehalt liefert, kreditiert nicht nur die konkret gelieferte Ware, sondern er stellt Liquidität für den allgemeinen Geschäftsbetrieb des Schuldners zur Verfügung, was nichts anderes ist, als wenn eine mit Globalzession gesicherte Bank einen Kredit ausreicht. Der BGH nimmt daher auch für das Werthaltigmachen dieser Forderungen keinen Unterschied an. Sonst ergäben sich BGH Wertungswidersprüche, wenn man die Entstehung der Forderung als kongruent, ihre Werthaltigmachung aber als inkongruent ansehen würde.

Die Entscheidung ist sehr zu begrüßen, da ansonsten ein wichtiges Sicherungsmittel für Warenkreditgläubiger wegfallen würde und die Anfechtungsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters noch stärker erweitert würden.

Christian Schlemmer

 

Rechtsanwalt

Karlsruhe